WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE

Startseite.

Schriftzug WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE


192 persönliche Erinnerungen gefunden

[ Übersicht & Neue Auswahl ]


Beitrag 2 von 192

Zurück | Vor

PERSÖNLICHE ERINNERUNG:
  • AutorIn: Helene Schiebel
  • Geburtsdatum: 11.3.1909
  • Wohnort: Leopoldstadt, Wien
  • Land: Österreich

Schreibende Hand mit Schriftzug DIE DIGITALE BIBLIOTHEK

Helene Schiebel

Ich [Aufzeichnungen 01] / 1910 - 1919

Geboren in der Monarchie, in Wien, der Haupt=Residenzstadt dieses Vielvölkerstaates; Kaiser Franz Josef I sein Regent, der Kaiser, dem nichts erspart blieb! Bürgermeister von Wien war damals Dr. Karl Lueger - der Volksbürgermeister, dem die Leute die Pferde seiner Kutsche ausspannten und sich selber davor, wie meine Mutter mir erzählte und sie sangen: "Hoch Lueger, laßt uns singen, der Badeni soll zerspringen!" Ja, und an Kaisers Geburtstag (18. August) hatte ich Namenstag.

Meine Vorschulzeit war noch Friedenszeit, mit Kaisersemmeln und sonntags für mich mit Frankfurtern (die mir aber geschält werden mußten) und dem Nippen an einem Achtel G'spritzten (Wein mit Sodawasser gespritzt). Wir wohnten damals im 20. Bezirk (Brigittenau) und von dort marschierte Vater mit mir zum Praterspitz, wo wir dann im Gasthaus rasteten und ich eben meine Würstel und etwas von Vaters G'spritzten bekam.

Dann marschierten wir wieder heim, in die Brigittenau zurück, wo Mutter inzwischen geräumt und gekocht hatte. Meinen Vater, der selber ein Naturnarr war, fragte ich um jedes Graserl, Vogerl, kurzum um alles, was es da zu sehen und zu hören, ja auch zu riechen (aus dem Auwald, vom Wasser - aber auch vom Gasthaus her) gab. Damals lag auch noch eine der ehemaligen Schiffsmühlen auf der Donau.

Meine Schulpflicht begann mit Kriegsausbruch 1914 und statt der Kaisersemmel gabs von heute auf morgen nur mehr schwarze Laberln und Maisbrot, um das man sich anstellen mußte und sehr bald wurde es rationiert und man bekam es nur mehr auf Marken. Auch wurde die Qualität immer schlechter, daß wir es schließlich in der Schürze nach Hause trugen, weil es so zerbröckelte. Nylonsackerl gab es nicht und auch das Papier war rar.

Unser ersten Schrift- und Stilübungen waren Feldpostkarten an unsere Väter. Kriegsanleihe wurde gezeichnet und goldene Ringe für eiserne mit der Inschrift: "Gold gab ich für Eisen!" umgetauscht. "Gelt Vater, wenn der Krieg aus ist, kaufst mir als erstes a Kaisersemmel!" Kaisersemmeln gabs nie mehr wieder!!! - Als der Krieg aus war, wurde Österreich Republik und Semmeln gabs noch lange keine.

In meiner Kindheit gab es noch Gaslaternen und meine ersten Aufgaben schrieb ich bei Petroleumlicht. Ausgesprochen wurde das Wort mit der Betonung auf der Silbe le, nicht auf dem o - Petroleum. Zum Beispiel auch Linoleum. Zu Hause hatten wir nach der Petroleumlampe gleich elektrisches Licht- aber in manchen Häusern, besonders auch in Schulen, gab es Gaslicht - das mochte ich gar nicht, das grünliche Licht mit seinem Singen, der Ton schläferte mich ein.

Helene Schiebel für WGMSG, 15.1.2006

Erzählen SIE uns von früher. Wir veröffentlichen Ihre Geschichte.

Diese Seite an jemanden senden






Zurück | Vor


XHTML | CSS|

WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE.

Ein DER LICHTBLICK Projekt.