Hatte jemand (beim Versuch, über die Demarkationsgrenze zu kommen) einen Stempel zu wenig, so wurde er zurückgewiesen. Wenn dann jemand zu mir kam, dann nahm ich den Dreieck-Stempel, der bei der Fleischbeschau verwendet wurde und der dem Russenstempel in der Form ähnelte, und "ergänzte" damit den I-Ausweis. Beide Ausweise, sowohl der rosa als auch der I-Ausweis, wurden von der Bezirkshauptmannschaft ausgestellt.
Aber auch die Amerikaner waren am Anfang sehr genau mit der Kontrolle an der Demarkationslinie, vor allem bezüglich der Entlausung. Jeder, der aus dem Russensektor kam, wurde kräftig mit DDT eingestaubt, einem starken Insektengift. Da war es ihnen auch ganz egal, wer daherkam. Einmal kamen zum Beispiel Theo Lingen und Hans Moser mit einem Lkw aus Salzburg zurück, und auch an denen wurde die Entlausung durchgeführt.
Irgendwann trat der damalige Bürgermeister an mich heran und ersuchte mich, bei ihm als Gemeindesekretär zu beginnen. Der Lebensmittelkartenstellenleiter war wegen Pensionierung vom Dienst ausgeschieden, und aufgrund der russischen Besatzung war an eine weibliche Sekretärin nicht zu denken, somit wurde dann ich eingestellt.
Als ich damals auf der Gemeinde begann, gab es höchstens ein, zwei Tage pro Woche, an denen die Russen nicht in der Gemeindekanzlei erschienen, und immer wenn sie kamen, wollten sie auch etwas. Das war, wenn sie einen Rauchfangkehrer brauchten, wenn das Klo schmutzig war und geputzt werden sollte oder wenn die Jauchegrube voll war. Auftrag an die Gemeinde und räumen!
Dann kamen sie auch laufend, um sich Rechnungen schreiben zu lassen, ob nun von Baufirmen, vom Fleischhauer usw. Diese Rechnungen, die damals schon drei bis vier Tausend Schillinge betrugen, musste ich am Gemeindeamt bestätigen und darauf schreiben, dass die Firma das Geld erhalten hatte.
Natürlich stimmte das nicht und es wurde nie bezahlt. Die Russen fuhren mit diesen Rechnungen auf die Kommandantur nach Mauer und holten sich den jeweiligen Betrag. Dieses Geld gaben sie dann im Gasthaus für Alkohol aus. Wenn derartige Sachen über die Bühne liefen, dann wusste man, dass man die Russen während der nächsten drei Tage meiden sollte.
Dieser Beitrag ist den Nachkriegserinnerungen von Johann Zauner entnommen, die uns von unserem Kooperationspartner Dietmar Heck zugänglich gemacht wurden.
Johann Zauner war ab 1945 zunächst als Gemeindebediensteter in Ennsdorf tätig, von 1960-1998 war er durchgehend Bürgermeister von Ennsdorf.
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