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PERSÖNLICHE ERINNERUNG:
  • AutorIn: Hermann Staudinger
  • Geburtsdatum: 30.3.1930
  • Wohnort: Schwanenstadt, Oberösterreich
  • Land: Österreich

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Hermann Staudinger

Neu im Turnunterricht: das Keulenwerfen! / ca. 1945

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Mein Name ist Hermann Staudinger. Meine Geschichte beginnt eigentlich schon 1930, als ich als fünfter von sechs Buben in Schwanenstadt in Oberösterreich geboren wurde. Mein Vater starb 1935 an den späten Folgen einer im ersten Weltkrieg erlittenen Verletzung. Mein ältester Bruder Hans war beim Tod des Vaters gerade erst 14 Jahre alt. Er musste ab diesem Zeitpunkt unsere Mutter in der Erziehung seiner Geschwister unterstützen.

Meine Brüder waren damals in der Jugendorganisation der "Vaterländischen Front", dem "Österreichischen Jungvolk", organisiert. Symbol dieser Vereinigung war das Abzeichen "Seid einig", das der Vaterländischen Front war das Kruckenkreuz. 1938 okkupierte Hitler Österreich und die neue Zeit, die Nazi-Zeit begann.

Jetzt mussten die Jugendorganisationen der neuen Machthaber, die DJ ("Deutsche Jugend") und die HJ ("Hitlerjugend") besucht werden. Die Nazis lehrten uns NSDAP Parteigeschichte, den Lebenslauf des "Führers" und sie erzogen uns in Wehrertüchtigungslagern, zum Beispiel in Steyrling beim Kasberg, zum Kampf für "Führer, Volk und Vaterland".

Der 2. Weltkrieg tobte an allen Fronten und unser "Führer" brauchte Soldaten. Im Turnunterricht wurde bei uns eine neue Disziplin eingeführt, das Keulenwerfen. Diese Keulen hatten die Form von Handgranaten und dienten dazu, uns Schulbuben in der richtigen Handhabung und dem richtigen Werfen der Handgranaten auszubilden. Wir lernten unter anderem auch, wie man mit einer Panzerfaust umgeht und trainierten die Anbringung von Haftladungen zum "Knacken" feindlicher Panzer.

Als die Front im Frühjahr 1945 immer näher an Schwanenstadt heranrückte, war ich sehr häufig bei gleichaltrigen Freunden in Oberndorf. Meine zwei besten Freunde waren längst freiwillig zur Marine eingerückt, damit sie nicht die SS zwangsrekrutierte. Die verbliebenen jüngeren Jahrgänge vertrieben sich mit Lausbubenstreichen, Sport und Kartenspielen die viele Zeit, weil die Schulen geschlossen hatten.

4 Brüder waren im Krieg bei der Wehrmacht. Hansl starb 23jährig am 21.1.1943 in Russland. Rudolf wurde schwer verwundet und verlor ein Bein. Karl geriet in russische Gefangenschaft und kam erst 1947 heim. Franzl war kurz in Gefangenschaft und war im Sommer 1945 wieder daheim.

Der Krieg in Schwanenstadt endete am 4. Mai 1945 mit dem Einmarsch der Amerikaner.

Wir Buben haben von den fliehenden deutschen Soldaten Pistolen aller Kaliber geschenkt bekommen oder durch Zigaretten eingetauscht. Die Zigaretten stammten aus der Plünderung eines Heeresverpflegungslagers, dem sogenannten "Speicher" in Oberndorf. Mehl, Reis und Brennspiritus waren unter anderem die Produkte, die wir dort erbeutet haben.

Vom Kriegsmaterial, das dann überall herumlag, gefielen uns die Keulenhandgranaten am besten. Wir schraubten von den Granaten die Sprengtöpfe herunter, die Zündkapseln ließen wir jedoch im Schaft und diese Dinger haben wir uns dann nach Abreißen des Ringes (Ingangsetzung der Zeitzünders) zugeworfen. Explodiert ist dann jeweils nur der Zünder, der einen Knall verursachte, aber keinen Schaden anrichtete!

Weil mir die Handgranaten gefielen, habe ich eines Tages zwei dieser Granaten in die Hand genommen und bin damit schnell nach Hause gelaufen, damit ich vor Beginn der Ausgangssperre, die ab fünf Uhr abend ausgerufen war, daheim wäre. Aber es kam anders, weil plötzlich hinter mir ein amerikanischer Soldat geritten kam, mich stoppte und auf die Handgranaten wies. Ich zeigte ihm, dass die Granaten nicht mehr scharf waren, weil jeweils der Zünder fehlte. Das überzeugte ihn schließlich, er nahm mir dieses gefährliche Spielzeug ab und ließ mich laufen, was ein großes Glück war.

Er hätte mich nämlich auch als "Volkssturmkämpfer" einstufen und mich ins Gefangenenlager nach Lambach verfrachten lassen können. Dem Befehl, zu diesem "Volkssturm" einzurücken, bin ich gerade noch entkommen, weil meine Einberufung dazu nicht eingeschrieben kam und sie mein älterer kriegsversehrter Bruder Rudl einfach zerriß.

Wer weiß, ob ich nicht in meiner jugendlichen Begeisterung eingerückt wäre, um das gelernte Kriegshandwerk ausüben zu können.

Hermann Staudinger für WGMSG, 28.1.2006

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