
Gleich nach der Brennessel-Periode von Schönbrunn (Brenessel pflücken für Brenesselsuppe) entschloss ich mich aufs Land zu einem Bauer arbeiten zu gehen. Ich hatte Erfahrung in der Landarbeit, war ich doch als Pflichtjahrmädchen ein Jahr lang in Schleswig-Holstein "in der deutschen Landwirtschaft tätig" gewesen. Das war gleich nach dem Einmarsch 1938. Man sagte, das sei Pflicht und man würde danach gute Arbeitsplätze bekommen.
Ich ging also am 23. Juni 1945 in der Früh von zu Hause weg, aufs gerade wohl ins Blaue, die Wientalstraße hinaus, an der Karthause Gaming vorbei, über den Riederberg, bis ich in das Dorf Sieghartskirchen kam. Ich ging zum Bürgermeister um nach Arbeit zu fragen und wurde gleich mit offenen Armen als Arbeitskraft aufgenommen. Man saß gerade beim Mittagessen, machte Platz auf der Bank, ich bekam einen Löffel und konnte mich am Mahl beteiligen. Das war schon ein guter Anfang.
Bis vor kurzem war in dem Haus ein russisches Lazarett untergebracht gewesen, das war jetzt schon weitergezogen, aber die Spuren, die Verunreinigungen waren noch da. Ich kam gerade zurecht. Die Soldaten hatten sich auch aus dem Fundus des Bürgermeisters mit frischer Wäsche versorgt und die alte da gelassen. Der letzte Wäschewechsel muss, den Etiketten auf den Hemden nach zu schließen, in Budapest erfolgt sein. Und die viele Bettwäsche dazu! Da gab's einen großen Waschtag.
Nach zwei Monaten war ich wieder unruhig, wollte wissen was zu Hause los ist. Post und Telefon gab es nicht. Da kam eine junge Frau daher, eine Lehrerin, fragte um Arbeit. Sie hatte ein kleines Hündchen bei sich, fragte ob sie es behalten dürfte, sonst müsste es erschossen werden. Es wurde nicht erschossen. Ich aber begab mich wieder nach Wien.
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