

Natürlich gab es noch jede Art von Not. Unterernährung und Hunger waren noch vorhanden, aber das nahm man fast für selbstverständlich. Es gab Jugendchöre, die tüchtig geübt haben und künstlerisch gute Erfolge hatten und immer wieder kam es bei Aufführungen vor, dass ein Sänger vor Schwäche zusammenbrach. Man brachte ihn hinaus, die Vorstellung ging weiter. Im Zuschauerraum war es genau so. Besonders auf den Stehplätzen sank immer wieder ein Mädchen zusammen, man fragte nicht viel, man wusste was los war, brachte ein Glas Wasser und nach einer Erholungspause kam man wieder herein und schaute weiter zu.
Fast gespenstisch war einmal eine Situation in der Volkshochschule Ottakring, bei einem Vortrag über Musik. Der Professor ergänzte seine Rede mit Musikbeispielen auf dem Klavier. Es brannte nur eine Kerze, denn das Licht war ausgegangen. Da wurde dem Professor schlecht, er fragte nach einer Tablette und während die Schülerinnen in ihren Taschen kramten, wurde eine Frau ohnmächtig. Mir selbst wurde vor Schwäche übel, ich wollte nach Hause gehen, musste mich auf dem völlig dunklen Reithofferplatz auf einem Bankerl ausruhen, dann ging es aber wieder weiter.
Ein dunkles Kapitel war die Wohnungsnot. Die Heimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft wurden natürlich freudig empfangen, aber bei vielen hieß es dann: wohin? In den verbliebenen Wohnungen drängten sich die Leute. Kinder waren aufgewachsen, nun kam noch der Papa dazu. Der hatte nun - endlich - ein gemütliches Heim erwartet. Die Wohnungen wurden natürlich auch verwaltet, es gab ein Punktesystem nach der Notwendigkeit, oder was man eben dafür hielt. Ein Belag von drei Personen in einem Kabinett von zehn Quadratmetern war kein Grund für eine Berücksichtigung. Im Wohnungsamt in der Bartensteingasse drängten sich die Menschen mit ihren Anträgen. Die Beamten waren komplett überfordert und gereizt, erreicht hat man überhaupt nichts.
Unsere Regierung drängte natürlich unermüdlich auf den Abzug der Besatzungsmächte, denn die behielten einen Großteil des intakten Wohnraums für sich. Renner brachte einmal den Vergleich mit den vier Elefanten in einem kleinen Boot. Es gab auch Abzeichen mit diesen Elefanten zu kaufen. Es zog sich aber noch hin, bis der Staatsvertrag kam und die Alliierten das Land verließen.
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