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PERSÖNLICHE ERINNERUNG:
  • AutorIn: Johann Zauner
  • Geburtsdatum: 4.11.1929
  • Wohnort: Ennsdorf, Niederösterreich
  • Land: Österreich

Schreibende Hand mit Schriftzug DIE DIGITALE BIBLIOTHEK

Johann Zauner

Linzbrücke nichts - Ennsbrücke ist wichtig! (05) / ca. 1949

Wie lange werden die Russen bleiben?

Zu Beginn wurde oft gefragt, wie lange die Besatzung denn dableiben würde, ein halbes Jahr oder ein Jahr. Das war das längste, was man sich vorstellen konnte. Wenn man gewusst hätte, dass es noch 10 Jahre sein würden, dann wären aufgrund der Umstände ja noch viel mehr Leute aus Ennsdorf geflüchtet.

In den ersten Wochen war es auch so, dass die Frauen aus Angst vor den Russen laufend das Quartier wechselten. Die Russen hatten ja sehr schnell heraus, wo Frauen zusammenkamen, und sind dann in der Nacht dorthin, um die Frauen zu missbrauchen. Durch den Quartierwechsel haben sie dann aber niemand angetroffen, was aber leider nicht verhindern konnte, dass einige Frauen trotzdem vergewaltigt wurden. Wenn man einen Soldaten überführen konnte, dann waren die Offiziere sehr streng und er wurde bestraft.

Erwischte ich einen Russen beim Stehlen und hatte einen Kommandanten zur Hand, dann wurde der Soldat fast erschlagen. Kam man aber einen Tag später, stand man gleich als Verleumder da.

Die Russen waren aber, wenn sie nicht betrunken waren, gute Leute und es gab keine Probleme mit der Besatzung als solcher. Wenn aber Alkohol im Spiel war, dann wurden sie unberechenbar, das war das Fürchterliche an ihnen. Das zweite, das gegenüber den Amerikanern schlechter war, waren die Verhaftungen.

Wenn man mit den Russen Probleme hatte, wurde man häufig verhaftet und außer Landes gebracht, und kein Mensch wusste, wohin. Wahrscheinlich nach Sibirien. Einige Beispiele haben sich da an der Ennsbrücke ergeben, die Leute wurden verhaftet und kamen nie wieder zurück.

Zum Beispiel wurde Herr Fechner aus Enns verhaftet und am 19.12.1949 jemand aus der Ennser Zuckerfabrik, der sich immer mit den Russen unterhalten hat. Übrigens wurde am 13. Mai 1950 sogar der Nationalratsabgeordnete Reisner aus dem Zug geholt, und am 21. Mai 1950 haben sie Bundeskanzler Figl angehalten und stehen lassen.

Keine Rechtsmittel gegen die Besatzungsmacht

Von einem ordentlichen Verfahren bei den Sowjets konnte überhaupt nie gesprochen werden. Bei den Amerikaner war das anders. Wenn man mit ihnen Probleme hatte, kam man maximal nach Glasenbach bei Salzburg, wo die Nazis eingesperrt wurden. Man war also einerseits im Lande und konnte sich auch verteidigen. Dann kamen die ersten rosaroten Ausweise in vier Sprachen, die nur Personen erhielten, die besonders wichtig waren und die dies auch auf der Behörde nachweisen konnten.

Sonntagsmessen in Ennsdorf

Einer davon war zum Beispiel der Ennser Kaplan Marckhgott, denn in den ersten drei Monaten wurden in Ennsdorf eigene Messen beim „Burghofer“ gelesen, weil die Ennsdorfer ja nicht nach Enns zur Messe durften (Ennsdorf gehört zur Pfarre Enns und der Friedhof befindet sich ebenfalls in Enns). Außerdem wurden die ersten Toten nach dem Krieg sogar im Wald oder auf dem St. Valentiner Friedhof begraben, weil nicht einmal die Toten die Grenze überqueren durften.

Nach diesen rosa Ausweisen kamen schon die bekannten I-Ausweise (Identitätsausweise), ebenfalls in den drei Sprachen der Besatzer und in Deutsch. Die Russen schauten dabei immer ganz streng, ob auch alle Stempel vorhanden sind.

Dieser Beitrag ist den Nachkriegserinnerungen von Johann Zauner entnommen, die uns von unserem Kooperationspartner Dietmar Heck zugänglich gemacht wurden.

Johann Zauner war ab 1945 zunächst als Gemeindebediensteter in Ennsdorf tätig, von 1960-1998 war er durchgehend Bürgermeister von Ennsdorf.

Johann Zauner für WGMSG, 26.6.2006

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