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192 persönliche Erinnerungen gefunden

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Beitrag 13 von 192

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PERSÖNLICHE ERINNERUNG:
  • AutorIn: Otto Tausig
  • Geburtsdatum: 13.2.1922
  • Wohnort: Döbling, Wien
  • Land: Österreich
  • Erstpublikation:
    Mandelbaum Verlag, März 2005
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Otto Tausig

"Kasperl, Kummerl, Jud". 11 / 1960 - 1969

Aus dem Kapitel: "Am Ziel! Am Ziel?"

Nach 7 Jahren Emigration unter Hitler und 14 weiteren unter Torberg, Weigel und Konsorten war ich wieder in Wien. Und am Burgtheater, dem Traum meiner Kindheit, mit einer herrlichen Antrittsrolle: Ich spielte den Herrn von Ledig in Nestroys "Unverhofft". Ich war im siebenten Himmel. Oder sagen wir im sechsten? Denn wieder, wie damals in Berlin bei meiner ersten großen Rolle, standen die Kollegen und sahen mir von der Seitenbühne beim Coupletsingen zu. Nur damals, schien mir, dachten sie: Der ist gut, der Neue da!

- Jetzt hatte ich eher den Eindruck, dass die alteingesessenen Burgtheater-Kollegen einander ansahen, als wollten sie sagen: Was will der da? Wozu haben wir den gebraucht? - Es roch nach Ablehnung. Dann bekam ich meine Chance. Die Kollegen schlugen mir vor, mit ihnen gemeinsam den Regisseur Franz Reichert "abzuschießen". Da ich nicht mitmachen wollte, war ich nun bei den Kollegen ganz unten durch.

Es waren harte Proben. Aber da musste ich durch! In den Pausen ging ich in meine Garderobe, weinte schnell ein bisschen, wusch mir das Gesicht und ging wieder auf die Bühne hinaus. Geschlafen habe ich damals wenig, aber es wurde eine ausgezeichnete Premiere. Kritiker fanden, ich sei ein Nestroy-Schauspieler, wie es nur noch wenige gibt. Jetzt war ich akzeptiert, beim Publikum, bei der Presse und sogar bei den Kollegen.

Warum die es einem Neuen so schwer machen? Nun, das Burgtheater ist nicht wie jedes andere Theater. Ein Schauspieler muss spielen. Wenn er keine Rollen bekommt, geht er ein. Jedes andere Theater verlässt man, wenn einen der Direktor nicht mag und man keine passenden Rollen bekommt. Am Burgtheater bleibt man. Man ist am Ziel seiner Träume, bekommt eine bessere Gage und eine bessere Pension und ist nach zehn Jahren unkündbar. Wenn ein neuer Direktor kommt und man merkt, der mag mich nicht, der wird mich nicht ordentlich beschäftigen, dann ist eines klar: Wenn einer geht, dann er. Sich auf gut Wienerisch "einweimperln" * oder "abschießen", das sind die Alternativen.

"Der Menschheit Würde ..." Aber den ersten Stein werfen darf nur, wer begreift, was es für einen Schauspieler bedeutet, nicht gewollt zu sein, nur schlechte Rollen zu bekommen, zuschauen zu müssen, wie andere "deine" Rollen spielen. Der neue Direktor wiederum will sich profilieren. Er bringt Schauspieler mit, die er mag und von denen er weiß, dass sie ihn mögen.

Bei Peymann waren es, wenn ich nicht irre, mehr als dreißig. Es werden also immer Neue dazu engagiert und keiner geht weg. Es sind einfach zu viele hervorragende Schauspieler beisammen, die fast alle das Recht hätten, als Protagonisten eingesetzt zu werden. (Und dazu noch einige, die sich einbilden, sie hätten es.) Aber so viele protagonistische Rollen gibt es nicht und so fühlen sich immer viele übergangen, verkümmern oder intrigieren "auf Teufel komm raus."

© Mandelbaum Verlag 2005.

Otto Tausig für WGMSG, 2.2.2006

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