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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Österreichische Volks-Zeitung

23.3.1916

Historisches Logo der Zeitung »Österreichische Volks-Zeitung«

Krieg und Abhärtung.

Vortrag des Professors Dr. Salomon.

In der Wiener Urania hielt gestern Universitätsprofessor Dr. Hugo Salomon vor einem zahlreichen Publikum einen Vortrag, der sich "Krieg und Abhärtung" betitelte. Wie der Vortragende ausführte, wurden die gewaltigen Strapazen des Krieges unerwartet gut überwunden. Nur ein geringer Bruchteil der Kriegsteilnehmer erlag den Unbilden der Witterung und Nahrung und dem Nervenchok.

Doch wäre es vorschnell, daraus ein zu günstiges Urteil über unsere körperliche Ausbildung abzuleiten. Denn das scharfe Auge des Arztes entdeckte gar manches, was zu wünschen übrig blieb. Und so leitet sich aus diesen Beobachtungen die Frage ab: Wie erziehen wir ein noch kriegstüchtigeres Geschlecht? - eine Frage, die auch für die Gesundheit des einzelnen und der Nation im Frieden von größter Bedeutung ist. Die Antwort lautet: Abhärtung im weitesten Sinne, das heißt nicht nur gegen Witterung, namentlich Kälte und Nässe, sondern auch gegen körperliche Anstrengungen und Entbehrungen, sowie gegen starke Eindrücke auf das Nervensystem.

Die hauptsächlich abzuhärtenden Organsysteme sind Haut- und Atmungsorgane mit ihren Rückbeziehungen zu anderen inneren Organen, der Magendarmkanal und das Nervensystem. Von den Kälteschäden, wie den allgemeinen und lokalen Erfrierungen sind zu trennen die sogenannten Erkältungskrankheiten.

Der Unterschied liegt darin, daß Erkältungskrankheiten nicht notwendig eine sehr erhebliche Wärmeentziehung zur Ursache haben müssen, sondern auch durch relativ unmerkliche Einflüsse verursacht werden können. Gibt es überhaupt Erkältungskrankheiten? Unter dem Einfluß der bakteriologischen Aera ist oft daran gezweifelt worden. In zahlreichen Tierexperimenten sind immerhin Resultate erhalten worden, die mit den menschlichen Erkältungskrankheiten in Analogie zu stellen sind.

Heroische Experimente von Chodounski an sich selbst ließen keine Krankheit zustande kommen. Trotzdem sprechen klinische Erfahrungen zugunsten des Vorkommens von Erkältungen. Sicher aber wird die Erkältungsfurcht viel zu weit getrieben, namentlich gibt es nicht leicht eine Erkältung noch während der körperlichen Tätigkeit. Es besteht ferner das auch experimentell erweisbare Gesetz, daß zu weit getriebene Schonung die Empfindlichkeit erhöht.

Der Vortragende ging dann auf die systematische Abhärtung durch Kaltwasserprozeduren, Luftbad etc. näher ein. Für das einfachste und wichtigste Abhärtungsmittel hält er es aber, daß wir die Wärmeregulation unseres Körpers und seinen Schutz gegen Abkühlung weniger ausschließlich durch die Kleidung, sondern mehr durch Körperbewegung vollziehen.

In diesem Sinne ist es erstrebenswert, sich von Ueberzieher, Pelzen und Unterwäsche völlig unabhängig zu machen. Auch der Magendarmkanal reagiert auf ein Zuviel an Schonung mit erhöhter Reizbarkeit. Die grob vegetabilische Kost mit Kleiebroten und ausgiebigem Genuß von Früchten und Gemüsen erweist sich für den Gesunden und auch für den Soldaten, dessen Brot vielfach weitaus zu fein ist, als weit zuträglicher.

Eine gewisse Trainierung des Nervensystems erfolgt zum Teil schon durch die Anforderungen des heutigen Kulturlebens. Auch hier soll die Tendenz zur Schonung nicht zu weit gehen. Der einzelne kann erzieherisch auf seine Nerven und sein Temperament wirken durch Gewöhnung an möglichste Ruhe der Sprache und systematische Vermeidung der rednerischen Geste als einer völlig unnötigen Mitbewegung. Auch ein Teil der nervenerzieherischen Wirkung des Sports und der militärischen Ausbildung beruht auf der Vermeidung entbehrlicher Mitbewegungen.

Zum Schlusse würdigte Professor Salomon die hohe Bedeutung des Drills und des Sports für die Nervenstählung. Die interessanten Ausführungen des Gelehrten fanden lebhaften Beifall.

Historischer Zeitungsartikel: Österreichische Volks-Zeitung, 23.3.1916

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