3.10.1924
Die Sonntagsproduktion der Spanischen Reitschule, die nun wieder ihren Anfang genommen haben, zählen - das muß immer und immer wieder gesagt werden - zu dem Reizvollsten und Vornehmsten, zu dem Originellsten und Schönsten, das Wien zu bieten hat. Man braucht nicht historisch eingestellt zu sein und hinter diesen edlen Resten höfischer Kultur den ganzen Prunk des Barockhofes der Habsburger dazuzuträumen, man muß nicht einmal von Pferden und Reitkunst etwas verstehen - ganz allein an der wunderbaren Ebenmäßigkeit, der prächtigen Harmonie im Spiele der Körper und Bewegungen erfreut sich das Auge und der Geist jedes auch nur einigermaßen optisch organisierten Menschen.
Und noch eine merkwürdige Eigentümlichkeit haben diese Vorführungen: Je öfter man sie sieht, um so schöner werden sie, um so mehr Genuß gewinnt man aus ihnen. Einmal diese, einmal jene Nummer des Programms fällt besonders glücklich aus. Man staunt über das feine, bis in die Fingerspitzen und Zügel und auf diesem Wege sich auf den prächtigen Neapolitano Salva übertragende rhythmische Gefühl des Oberbereiters Herold in der Übung "am langen Zügel", man bewundert den "Pas de deux", von Herold und Zrust geritten, man staunt über die Grazie der "Mezairs", die Bereiter Lindenbauer vorführt - man staunt aber leider auch über die Gleichgültigkeit des Publikums, das nicht bei jeder Produktion die Galerien stürmt.
R.WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE.
Ein DER LICHTBLICK Projekt.