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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Reichspost

10.8.1924

Historisches Logo der Zeitung »Reichspost«

Drahtloses für die Frauen.

Von Assunta Nagl.

Seit die drahtlose Telephonie zu einem neuen Verständigungsmittel mit für die Zukunft noch schier unbegrenzten Möglichkeiten wird, stellt sie sich natürlich auch in den Dienst der Frauen. In den englischen "drahtlosen Programmen" ist neben allerlei interessanten Dingen auch eine "Kinderecke" und eine "Frauenstunde" vorgesehen. Außer einem Vortrag über die Städte Belgiens ist mir nicht bekannt geworden, was diese Stunde den Frauen alles an Interessantem bringen mag.

Die französischen Frauen, die allzeit ungeduldigen, bestürmen die großen Radiozentren ihres Landes mit der verärgerten Frage: "Warum werden in den täglichen Programmen so wenig Kochrezepte gesendet?! Warum eigentlich? fragt "Radio-Magazine". Ist die Herstellung eines schmackhaften Gerichtes, eines feinen Desserts für die Allgemeinheit nicht zumindest ebenso interessant, wie die Baumwollpreise oder der Wetterbericht? Und bald werden wir vielleicht auf unseren Speisekarten "Potage amplificateur" oder "Soufflé atmosphèrique", zu Ehren der Radiowissenschaft so genannt, lesen können, was ebensogut klingt (und hoffentlich auch schmeckt), wie die verschiedenen à las der gewohnten noblen Speisekarten, und für den Durchschnittskonsumenten ebenso verständlich sein wird!

Einer der fixen Programmpunkte der Radiostation Davenport - Vereinigte Staaten - ist der Austausch von Haushaltungsideen der weiblichen Abonnenten. Bald begannen Zuhörer ihre Lieblingsrezepte zwecks Mitteilung an die andern Zuhörer einzureichen. Das Interesse für diesen Dienst ist so lebhaft, daß die Station alle Rezepte drucken und sie in Form eines Kochbuches unter allen Teilnehmern dieses lustigen Austausches verteilen will.

Einen originellen Vorzug rühmt "Radio Times" dem häuslichen Hörapparat nach: Er wird das Heim wieder zum Heim machen. Denn in den letzten Jahrzehnten hat das Heim - in dem Sinne genommen, daß es der Ort ist, an dem sich die Familie zum Feierabend versammelt - viel von seiner Bedeutung eingebüßt. Die Familienmitglieder suchten sich ihre Zerstreuung auswärts, nicht zuletzt die Hausfrau selbst, die sich nach dem Einerlei der Hausarbeit wohl eine kleine Zerstreuung gönnen durfte. Auch den heranwachsenden Kindern haben einsichtsvolle Eltern dieses Recht zugestanden, denn zu Hause war ja für gewöhnlich "nichts los".

Nun aber ist in einem Heim, das glücklich genug ist, eine Radiostation zu besitzen, sehr viel los: die jüngeren Familienmitglieder haben ein aktives Interesse an der kleinen Hexenmaschine und die älteren sind manchmal ganz froh, bequem im Haus zu sitzen und sich doch unterhalten zu können. Und was das Beste ist: die Frau des Hauses gewöhnt sich wieder daran, ihr Heim nicht ausschließlich als einen Ort der Arbeit und Plage zu betrachten, gewöhnt sich vor allem daran, wieder, und zwar gutgelaunt, "da zu sein".

Also kurz gesagt: statt der einstigen Parole: Schmücke dein Heim! ist heute das zeitgemäßere: Drahte dein Heim! am Platze. Soweit die Radiozeitschrift, die keine Gelegenheit versäumt die Radiobewegung in ihrer universalen Bedeutung zu schildern. Nach den vielen Ratschlägen, die seit undenklichen Zeiten zur "Hausfrauenverbesserung" von den Weisen erteilt wurden, ist dies einstweilen der letzte und modernste. Möge er seine Wirksamkeit erweisen. Mögen aber auch die Aetherwellen für die Frauen in Zukunft alles Gute und Schöne bringen, nicht nur Kochrezepte und kosmetische Mittel. In Paris nämlich werden durch einen berühmten Spezialisten Kurse über Schönheitspflege gesendet, was viele Damen veranlaßt haben soll, sich einen Radioapparat zu kaufen.

Ein Anfang zur Verwertung der drahtlosen Mitteilung für wichtige Frauenangelegenheiten ist gemacht worden. In den Dienst der Bevölkerungsfrage wurde das Broadcasting bereits gestellt, und zwar in Frankreich, wo die Kindersterblichkeit augenblicklich sehr hoch ist. Man hat dort einen regelrechten Kurs über Kinderpflege senden lassen, der auch die Schulhygiene und die ersten Krankheitssymptome bei Säuglingen umfaßt. Wie bei allen Errungenschaften menschlicher Geistesarbeit, wird auch hier aus kleinen Anfängen noch viel geleistet werden können, das der menschlichen Gesellschaft zum Segen gereichen kann.

Historischer Zeitungsartikel: Reichspost, 10.8.1924

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