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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Reichspost

2.2.1936

Historisches Logo der Zeitung »Reichspost«

Alter Lichtmeßbrauch.

Von Albert Hans Rügenau.

Längst ist der Tag um einen Hahnenschritt länger. Aber noch immer zwingt die früh einbrechende Dunkelheit die Werktätigen, ihre Arbeit einzustellen oder sie bei künstlichem Licht fortzusetzen. Alle, ob sie ihre Arbeit in Flur und Wald finden oder in der Werkstätte, warten darum sehnsüchtig auf Lichtmeß, den Tag, an dem die Sonne wieder ihren hohen Bogen zu schwingen beginnt und die von den Menschen erfundenen Lichter armselig und überflüssig macht.

Dieser erste lange Tag zum Nutzen hatte seit altersher auf dem Lande die Bedeutung eines Jahresbeginnes, denn bald wird es aper, ist die ausgeruhte Erde hungrig nach Dung und Saat; dann bekommt das Gesinde den Jahreslohn und es steht ein und aus. Der Jahreslohn, verschiedentlich nach Dienst und Person, besteht nicht nur aus Geldeswert, sondern auch aus Kleidung, Beschuhung und Wäsche. Diese Entlohnungsart findet sich heute noch in manchen Gegenden unserer Länder, wenn sich auch ihr Kurs veränderte, beispielsweise der Bauer dem ersten Knecht nicht mehr sechzig Gulden, einen Anzug, ein Paar Stiefeln, zwei Hemden und zwei Unterhosen gibt.

Auch der Ein- und Ausstand, d. h. der Dienstan- und austritt zu Lichtmeß ist selbst in Wiens Umgegend jetzt noch üblich; doch macht man sich keine Begriffe mehr, welch großes Dienstbotenwandern der Feiertag einst brachte. Das ist nun, in der Zeit der Arbeitslosigkeit, schwer vorstellbar; es fanden wirklich nur jene kein neues Dach, die vorübergehend feiern wollten. Allerdings bedeutete das fast den Verlust eines ganzen Arbeitsjahres.

Nicht vergessen, allein ungeübt ist ein anderer alter weltlicher Lichtmeßbrauch: "Das Lichtbratl." Ländlicher Einfluß mag ihn geschaffen und dem Handwerksstand gebracht haben - die Gesellen mußten neben ihrem wichtigsten Werkzeug eine Oellampe besitzen und mußten diese, sobald der Tag kürzer wurde, füllen, anzünden und vor ihre Arbeit stellen. Das Oel war billig, dennoch verbrannte einiges so einen langen Winter hindurch bis Lichtmeß. An diesem Tage wurden die Oellampen ausgelöscht und wanderten in das Felleisen zurück; der Meister aber gab seinen Gesellen, als Entschädigung für das von ihnen beigeschaffene Oel, das "Lichtbratl."

Dieser Name erklärt sich eigentlich von selbst. War der Meister vermögend oder war es ortsüblich, so wurden von ihm die Gesellen mit Braten und Wein bewirtet. War der Meister ärmer oder geiziger, gab es Würste und Bier. Ob Braten oder Wein, ob Würste oder Bier, man nahm es schließlich nicht so genau, der Tag war frei und endete lustig.

Die modischen Lichter löschten die Oellampen aus und nahmen dem "Lichtbratl" nicht nur den Sinn, sondern auch den Geschmack. Die wenigen, die es noch gegessen, meinen, heute könnte es kein Meister zahlen. Leute unserer sozialen und hygienischen Zeit sagen, diese Oellichter rochen übel und machten die Augen schlecht. Alles Gewohnheit, wir sind nur verwöhnt! Der Oelgeruch ist nicht gesundheitsschädlich und es gab damals bestimmt nicht mehr Leute, die Brillen tragen mußten.

Zuletzt sei des alten Brauches gedacht, den Christbaum zu Lichtmeß "abzuräumen". Auch er ist mählich abgekommen, vielleicht deshalb, weil den profaneren Menschen der Baum im Wege steht, oder, weil man den Kindern mit der Freude rascheren Genusses entgegenkommen will. Die Zeiten wandeln die Menschen und ihre Bräuche; doch was gerade immer Ansehen, Uebung und Gültigkeit haben mag, Lichtmeß wird der Tag Mariens bleiben.

Historischer Zeitungsartikel: Reichspost, 2.2.1936

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