26.7.1955
In einer Radiorede sagte Bundeskanzler Ingenieur Raab unter anderem:
Der Staatsvertrag hat uns auch die Wehrhoheit zurückgegeben. Wir haben im Nationalrat einen Gesetzentwurf über die allgemeine Wehrpflicht und die Aufstellung eines Heeres eingebracht; auch in dieser Hinsicht nimmt Österreich das Recht eines souveränen Staates in Anspruch, um seine Freiheit und seine Neutralität notfalls verteidigen zu können und um im Kreise seiner Nachbarn als ein zwar kleiner, aber gleichberechtigter und nicht wehrloser Staat bestehen zu können und respektiert zu werden.
Wir sind ferner damit befaßt, den wirtschaftlichen Erfordernissen, die mit dem Staatsvertrag zusammenhängen, Rechnung zu tragen. Unmittelbar nach dem Inkrafttreten des Vertrages werden uns die bisher von der Sowjetunion verwalteten Erdölinteressen und die Usia-Betriebe übergeben werden.
Wir haben Vorsorge getroffen, daß für diese Unternehmungen eine fachmännisch einwandfreie Leitung bestellt werde und daß ihnen - wenn nötig unter der Garantie der Bundesregierung - auf dem Kreditweg die zur Fortführung des Betriebes nötigen Geldmittel zur Verfügung gestellt werden.
Unsere Wirtschaftspolitik wurde durch verschiedene Maßnahmen darauf ausgerichtet, daß die Wirtschaft diese Lasten - die Ablöse für die Usia-Betriebe, die Erdöllieferungen an die Sowjetunion, die Barablöse für die Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft, die Kosten der Aufstellung und Ausrüstung des Bundesheeres usw. - tragen kann.
Die nächsten Monate und Jahre werden im Zeichen der Aufgaben stehen, die in diesem Vierteljahr konkrete Gestalt angenommen haben. Mit dauerndem Stolz aber wird Österreich auf die Ereignisse dieser kurzen Zeitspanne zurückblicken, in der die Früchte zehnjährigen Duldens, Ausharrens und Arbeitens und einer klugen und selbstbewußten Politik gereift sind. Damit ist ein wesentlicher Schritt für die Zukunft eines freien Österreich getan.
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