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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Oesterreichische Zeitung

11.5.1946

Historisches Logo der Zeitung »Oesterreichische Zeitung«

Frühjahrsanbau, Ernte und Arbeitskräfte

Interessante Daten über den derzeitigen Stand der Feldbestellung in Niederösterreich und über die Nöte der Bauern wurden gestern in einer Pressekonferenz von der Landwirtschaftskammer für Niederösterreich und Wien bekanntgegeben.

Getreideanbau abgeschlossen

Nach dem Bericht der Landwirtschaftskammer ist der Getreideanbau in Niederösterreich zur Gänze durchgeführt worden. Der noch andauernde Anbau von Mais erscheint bisher mit 50 Prozent erfüllt, von den Kartoffelfeldern sind 83 Prozent mit Spät- und 90 Prozent mit Frühkartoffeln bebaut worden. Der Zuckerrübenanbau ist mit 72 Prozent, der Futterrübenanbau mit 65 Prozent erfüllt, weiter sind 95 Prozent der Gemüsekulturen bisher als gestellt gemeldet.

Den gegebenen Verhältnissen Rechnung tragend, bezeichnet die Landwirtschaftskammer die gegenwärtigen Ernteaussichten als zufriedenstellend.

Es fehlt an Arbeitskräften

Mit dem Abschluß der Feldbestellung beginnt jedoch erst die große Sorge des Landwirtes. In diesem Jahr macht die Beschaffung von Arbeitskräften den Bauern sehr bedeutende Schwierigkeiten. In Niederösterreich allein fehlen 35.000 landwirtschaftliche Hilfskräfte, und zwar mangelt es sowohl an ständigen als auch an sogenannten Wanderarbeitern. Letztere werden vornehmlich als Zuckerrüben- und Erntearbeiter beschäftigt.

Verbesserter Arbeitsvertrag für Wanderarbeiter

Aus dem südlichen Burgenland sind höchstens 1000, maximal 2000 Zuckerrüben- und Erntearbeiter zu erwarten. Um jene Kräfte, die nicht mehr in der Landwirtschaft tätig sind, aber vielleicht doch greifbar wären, zu erfassen und zur Mitarbeit zu gewinnen, hat die Landwirtschaftskammer für Niederösterreich und Wien in enger Zusammenarbeit mit dem Gewerkschaftsbund und allen anderen zuständigen Stellen einen verbesserten Arbeitsvertrag für die Wanderarbeiter erwirkt.

Durch Schaffung von Naturalprämien und allgemeine kollektivvertragliche Besserstellungen sind landwirtschaftlichen Kräften Anreize geboten worden, sich wieder zur Verfügung zu stellen. Auf große Sicht plant man auch weitere Verbesserungen durch Schaffung von günstigeren Wohnbedingungen und durch starke Technisierung der gesamtösterreichischen Landwirtschaft. Dem Wanderarbeiter hat man ferner Platzwahl eingeräumt, das heißt, er kann wieder bei jenem Arbeitgeber eintreten, für den er schon früher tätig war. Es sind ferner Bemühungen im Gange, Bekleidung und Schuhe, Besteck, Geschirr usw. für landwirtschaftliche Arbeiter zu beschaffen.

Folgende Versorgungslage wurde herbeigeführt:

Zubußen und Naturalprämien

Landwirtschaftliche Arbeiter erhalten nebst der Selbstversorgerration eine Zulage von 18 Kilogramm Mehl für vier Wochen. Nach dem 15. Juli, also zur Erntezeit, wird diese monatliche Mehlzubuße auf 20 Kilogramm erhöht. Auch die bewilligte Zuckerprämie ist sehr erheblich. Ein Ehepaar, das zum Beispiel fünf Joch Rüben in der Saison bearbeitet hat, erhält nach Abschluß der Kampagne 50 Kilogramm Fertigzucker. Pro Person wurde ferner eine Weizenprämie von 100 Kilogramm für die Saison beschlossen. Desgleichen erhält jeder landwirtschaftliche Arbeiter, egal ob Mann oder Frau, eine Salzprämie von 5 Kilogramm pro Saison. Sämtliche Prämien werden auf die Lebensmittelkarten nicht angerechnet!

Nach dem neuen Kollektivvertrag hat jede landwirtschaftliche Kraft Anspruch auf einen einwöchigen bezahlten Urlaub pro Saison. Zum Akkordlohn kommt zuzüglich einen 40prozentige, zum Taglohn eine 20prozentige Zulage.

Bis jetzt wurden bereits 19.000 bis 20.000 Hektar Rüben bebaut und kontrahiert. Es sind allerdings noch Anbaumöglichkeiten vorhanden, es fehlt aber an Kräften. Dank den verbesserten Verdienst- und Ernährungsgrundlagen rechnet die Landwirtschaftskammer mit einer teilweisen Auffüllung der bestehenden Lücke.

Um besonders alle in ländlichen Gebieten noch vorhandenen Arbeitskräfte zu erfassen, wurde die Ortshilfe eingeführt. Neuerdings ist von seiten der zuständigen Stellen die Heranziehung von Schulkindern für leichtere Arbeiten beim Zuckerrübenbau genehmigt worden. Wie die Leiter des landwirtschaftlichen Arbeitsamtes mitteilte, konnten bisher aus dem Südburgenland nur 500 Arbeitskräfte für Niederösterreich gewonnen werden.

Er meint aber, daß auf Grund der hier aufgezeigten Vergünstigungen zuzüglich mit Kräften aus dem Burgenland gerechnet werden kann. Bei dieser Gelegenheit teilt er mit, daß auch für die sogenannten Ortssaisonarbeiter die Abmachungen des Wanderarbeitsvertrages in Anwendung gebracht werden; auch sie erhalten neben dem Deputat eine 40prozentige Zulage zum Barlohn und Naturalprämien.

Er verwies bei dieser Gelegenheit auch auf die Tatsache, daß in den Städten viele Männer und Frauen leben, die mit landwirtschaftlichen Arbeiten vertraut sind und die sehr wohl die bestehende Lücke beim Zuckerrübenbau und später bei der Ernteeinbringung mit auffüllen könnten. Durch großzügige Werbung soll bewirkt werden, daß die Wiener, die hierfür in Betracht kommen, sich der Landwirtschaft Niederösterreichs zur Verfügung stellen.

Sie können sich beim Landwirtschaftlichen Arbeitsamt, Wien, I. Hohenstaufengasse 2 (Telephon U 22-5-30), melden, wo sie alle weiteren Einzelheiten erfahren. Grundsätzlich ist zu sagen, daß nur solche Kräfte sich melden sollen, die wirklich vertraut sind mit den Notwendigkeiten der Landwirtschaft. Auch sie erhalten für ihren Einsatz neben Tarifentlohnung Naturalprämien.

Es ist auch Vorsorge getroffen, daß im Wege des Arbeitspflichtgesetzes die Insassen von Lagern, nichtbeschäftigte Ausländer und sonstige Arbeitsscheue herangezogen werden können. Man wird sich auch vergewissern, daß die sogenannten "Pendler", das sind jene verlagert gewesenen Personen, die es vorziehen irgendwo auf dem Land ein Drohnenleben zu führen, nicht müßig bleiben.

Historischer Zeitungsartikel: Oesterreichische Zeitung, 11.5.1946

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