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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Neues Wiener Journal

9.2.1936

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Seid einig, einig, einig!

Entscheidende Tage für die Zukunft Europas.

Von Maria-Theresien-Ritter Major d. R. Karl Rössel-Majdan.

Jedes Ding hat glücklicherweise zwei Seiten. So hat auch der den Weltfrieden gefährdende ostafrikanische Konflikt ein Gutes gebracht, das zu erfassen und auszubauen die allernächste Aufgabe einer realen Friedenspolitik sein muß. Unter dem Drucke der außenpolitischen Ereignisse dämmert allgemach die Erkenntnis auf, daß es eine Friedenspolitik im globalen Sinne nicht gibt. Das Ziel aller Friedensbestrebungen muß zunächst auf das Erreichbare beschränkt werden, wenn man statt des Weltfriedens nicht das Gegenteil, den Weltkrieg, ernten will.

In der utopistischen Annahme, die ganz divergenten Interessen auch der außereuropäischen Völker und Staaten auf einen Nenner bringen zu können, der imstande wäre, den gegenwärtigen Status der territorialen Grenzen und Machtverhältnisse zu verewigen, wurde der Völkerbund zu einer die ganze Welt umspannenden Organisation ausgebaut, einer Organisation, deren knöchernes Rechtsstatut an der Bewegungsenergie der in der Welt spielenden Kräfte zerbrechen müßte, wenn nicht bald eine bessere Einsicht in Genf Einkehr hält. Das Ziel ist zu weit gesteckt, der Bogen wurde überspannt, und so wurden die europäischen Interessen vernachlässigt und gefährdet, um die Macht eines afrikanischen Häuptlings zu stützen und zu vermehren.

Der aktive Vorstoß Mussolinis in Afrika erschien dem britischen Imperium als eine Gefahr für seine Weltgeltung, ein Rivale trat auf den Schauplatz der Kolonialgeschichte, die bisher die ausschließliche Domäne Englands war. So wurde das nie mißverstandene britische Interesse zum führenden Faktor einer Völkerbundpolitik, die einseitig und starr in der Sackgasse landen mußte. Würde der in Genf beschrittene Weg konsequent weiter gegangen werden, dann könnte Europa wohl kaum vor dem Chaos bewahrt werden, das erzwungene neue Mächtegruppierungen erzeugen müßten. Italien, das auf dem Wege ist, die durch den japanischen Imperialismus begonnene wirtschaftspolitische Durchdringung Abessiniens zu durchbrechen, könnte gezwungen werden, seine Rolle in Mitteleuropa zu ändern.

Eine Kräftegruppierung, die Mussolini an die Seite Japans und des heutigen Deutschland drängen würde, müßte geradezu zwangsläufig die Folge jeglicher Sanktionsverschärfung werden. Jugoslawien würde zu diesem Bunde neigen, Polen würde ihm verfallen, um nicht das Schicksal Belgiens zu erleben, und manch anderer europäischer Kleinstaat müßte seine Interessen in dieser neuen Kombination wahren. Die Selbstständigkeit Oesterreichs wäre dann verloren, alle Kräfteverhältnisse in Europa so verändert, daß ein chaotischer europäischer Krieg unvermeidlich wäre. Die demokratischen Westmächte stünden im Bunde mit dem bolschewistischen Rußland, die faschistischen europäischen Großmächte wären Bundesgenossen der gelben Invasion. Die weise Mäßigung Mussolinis gegenüber der englischen Politik ist ein Beweis für die Sorge eines verantwortlichen Staatsmannes vor einem so grotesken Zustand.

Gerade diese gelbe Gefahr aber ist es auch, die nun glücklicherweise vielleicht die Entlastung bringt. Die Aktion Mussolinis in Afrika ist ja für die Weltgeltung des britischen Imperiums vollkommen bedeutungslos im Hinblick auf die Ereignisse im Fernen Osten. Japan hat die Flottenkonferenz demonstrativ verlassen; seine Erfolge in der Durchdringung der Mongolei und Chinas sind in stetem Wachsen. Das immer drohender werdende Klopfen an der Pforte Indiens müßte die dortige aufständische Bewegung bedenklich ermutigen und in allen Ecken und Enden des britischen Imperiums könnte es bald recht ungemütlich zu knistern beginnen.

Eine neue Erkenntnis muß sich durchsetzen, um das britische Imperium vor dem Zusammenbruch, Europa aber vor dem Chaos zu bewahren. Und wenn nicht alle Symptome täuschen, dann ist diese neue Erkenntnis auch bereits am Werke. König Eduard VIII. hat auf seinen großen Reisen die Verhältnisse in seinem weltumspannenden Reiche ebenso kennengelernt wie er die Verhältnisse Europas kennt und zu beurteilen versteht.

Er weiß, daß nur ein einziges, konsolidiertes Europa imstande ist, der Welt jene Ruhe zu geben, die auch England braucht, um seinem einzigen und größten Gegner gewappnet entgegentreten zu können. Der gemeinsame Feind steht im Osten, alles andere ist daneben bedeutungslos. Englands Interesse deckt sich mit demjenigen Europas.

Die Grundvoraussetzung für die Ordnung der europäischen Verhältnisse ist aber wohl, daß der im Wesen seines Volkes europäischeste Staat, daß Oesterreich als ein absolut selbständiger Faktor bestehen bleibt. Oesterreich ist der geographische und geistige Mittelpunkt Europas, seine Stabilität und Sicherheit, die auch durch die bereits stark wirksame monarchistische Strömung begünstigt wird, ist eine conditio sine qua non für die Ruhe Europas.

Von Oesterreich wird zunächst die wirtschaftliche Einigung der Donaustaaten inauguriert werden, die zur weiteren Folge auch eine Einigung der übrigen Staaten naturgemäß haben wird. Bei voller Anerkennung und Respektierung der staatlichen Autorität jedes Partners werden die Grundlagen geschaffen werden für die wissenschaftliche und kulturelle Ueberbrückung der Grenzen. Dadurch allein wird die Wirtschaftskrise überwunden und jene Atmosphäre der Ruhe und des Vertrauens geschaffen werden, die Europa zu seiner Gesundung so dringend benötigt. Kein europäisches Volk ist so geeignet für diese Friedensmission in Europa wie gerade das österreichische, dem durch seine Vergangenheit die paneuropäische Idee, die Synthese aller Nationen, im Blute und in der Gesinnung verankert wurde.

Historischer Zeitungsartikel: Neues Wiener Journal, 9.2.1936

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