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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Oberdonau-Zeitung

1.12.1944

Historisches Logo der Zeitung »Oberdonau-Zeitung«

"Man höre einmal auch den anderen Teil ..."

Die Kehrseite der Medaille - Leserzuschrift über ungastliche Gaststätten

Zu unserem gestrigen Aufsatz "Der Hotelgast und die neue Kriegshotelordnung" erhalten wir eine Zuschrift, aus welcher Verschiedenes uns auf Grund eigener Beobachtungen und Erfahrungen sogar recht stichhaltig erscheint. Zuvor stellt der Einsender fest, daß man anscheinend (und dies komme besonders in unserem Aufsatz zum Ausdruck) in den Zeitungen das Gaststättengewerbe mit seinen Rechten auf Grund der kriegsbedingten Zustände allzu sehr in den Vordergrund stelle.

Der Gast - so meint er - habe heute dem bezahlten Gastgeber und seinen Angestellten gegenüber nur Pflichten. Hat denn der Krieg wirklich in der Umwertung aller Dinge gerade das Verhältnis Gastwirt und Gast am stärksten berührt? Die Schwierigkeiten der Gaststätten zugegeben - aber wer hat heute nicht mit Schwierigkeiten zu kämpfen? Sie müssen überwunden werden, aber doch nicht bloß einseitig! Wie ist es möglich, daß z. B. in einer Gaststätte derselben Stadt das Essen bei den gleichen Markenforderungen um so viel schmackhafter ist, als in der anderen, daß man in der einen Gaststätte auch als Nicht-Stammgast zuvorkommend und liebenswürdig, in der anderen fast wie ein lästiger Bettler behandelt wird?

Wie trostlos sieht es aber in dieser Hinsicht erst auf dem flachen Lande aus. Ich will nicht den heute untragbaren Vergnügungsreisenden oder gar den Hamsterern das Wort reden, die sich vielleicht in der Hoffnung wiegen, in irgend einem kleinen Landgasthaus mit wenig oder ohne Marken fettessen zu können, denn eine solche Hoffnung müßte letzten Endes bei uns zu Lande immer mit einer bitteren Enttäuschung enden. Aber es gibt doch auch Hunderte und aber Hunderte, die beruflich draußen zu tun haben und zu Mittag wenigstens bei Kälte und Nebel einen Löffel warmer Suppe im Magen haben möchten. Da kann man aber allerhand erleben.

Sind da in einem kleinen ländlichen Ort mit vielleicht 800 Einwohnern nicht weniger als drei Gasthäuser. Keines von ihnen trägt den Vermerk "Gesperrt", und mit hoffnungsgeschwellter Seele - der knurrende Magen verbirgt sich hinter ihr - tritt man in das erste von ihnen ein. "Mir ham nix!", das ist der Willkomm. "Aber vielleicht doch einen Teller Suppe?" haucht man lammfromm und ergeben. "Ham mir net!" klinget es schon um einen Ton unwirscher von den Lippen der "Wirtin wundermild". "Ich wäre auch mit einer Tasse Tee und einem Stück Butterbrot zufrieden", getraut man sich als gänzlich Unentwegter doch noch einzuwenden. "I hab a kan Tee und ka Butterbrot!" Und dies schlägt uns schon in einem Ton entgegen, daß wir eilig den Rückzug antreten, weil wir fürchten, daß man uns im nächsten Augenblick einen Hund hinaufhetzt.

"Gengans zum nächsten Wirt, vielleicht kriagns bei dem was!", so ruft uns die Kellnerin noch nach, weil wir ihr doch ein wenig erbarmt haben in unserer jämmerlichen Rolle. Und beim nächsten Wirt wiederholt sich das Spiel von vorn und beim dritten ist es nicht viel anders. Im Sommer, wenn uns so etwas passierte, dann sagten wir als einsichtsvolle Leute: Ja, werden halt alle draußen auf dem Feld arbeiten und zum Kochen oder Butterbrotstreichen keine Zeit haben. Damit tröstete man sich über sein Mißgeschick. Womit soll man sich aber heute trösten, wenn drei oder vier Weibspersonen in der Küche herumstehen oder -sitzen?

Zum Schluß aber eine andere Frage: Müssen in einem jeden kleinen Nest gleich drei Wirtshäuser offen sein, in denen man - nichts bekommt, hat ein solcher Betrieb überhaupt noch ein Recht zu bestehen? Das sind doch keine Gaststätten mehr, sondern ausgesprochene "Ungaststätten". Wer aber glaubt, daß ich hier übertrieben habe, der fahre einmal selber hinaus und versuche gegen Marken, gute Worte und Geld (auf dieses scheint man den wenigsten Wert zu legen) irgend etwas Bescheidenes auf den Teller zu bekommen. Er muß schon ein großer Glückspilz sein! Doch besteht - eine alte Tatsache beweist es - die Menschheit in ihrer überwiegenden Zahl aus Pechvögeln und ich persönlich gehöre leider nicht zu dem anderen um so viel kleineren Häuferl ..."

Historischer Zeitungsartikel: Oberdonau-Zeitung, 1.12.1944

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