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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Pester Lloyd

6.8.1909

Historisches Logo der Zeitung »Pester Lloyd«

Eine Philippika gegen das Reisen.

Marcel Prévost untersucht in einer geistreichen Plauderei, die in den "Annales" veröffentlicht wird, die Genüsse, die das Reisen dem Erdenbürger beschert, und er kommt dabei zu dem ein wenig pessimistischen Ergebnis, daß im Grunde die Vorbereitung zur Reise und dann die Erinnerung an die überwundenen Freuden das Schönste sind.

Gesundheit, Belehrung und Unterhaltung, das sind die drei Momente, die stets für das Reisen ins Feld geführt werden. Aber nur wenige erreichen dies Ziel; nur die Reisenden, die wohlvorbereitet ihre Fahrt antreten. "Existiert dieser wohlvorbereitete Reisende überhaupt? Sicher ist, daß nicht er das Gedeihen der Hotels, der Dampfschiffe, der Reiseagenturen schafft."

Scharf geht Prévost mit den Durchschnittreisenden ins Gericht. Vor allem soll der Reisende persönlich sehen, persönlich erleben können, er muß die Fähigkeit haben, Gedankenassoziationen zu empfinden. Aber die meisten Menschen stehen Form und Farbe empfindungslos gegenüber: sie sehen nicht. Man frage einmal die Touristen, die vor einer berühmten Landschaft stehen, was sie eigentlich ergreift: stets wird es irgend eine kleine Nebensächlichkeit sein, ein rauchendes Dach, eine Frau im Fenster, ein weinendes Kind, kurz etwas, das mit dem Alltag Berührungspunkte hat. Dazu kommt die intellektuelle Trägheit, die Ignoranz der meisten Reisenden, ihr Mangel an Wissen, ihr Mangel an Gedächtnis. Mit der Belehrung also ist es nicht weit her.

Und die Gesundheit? Wenn es schon Mühe kostet, in der Großstadt hygienisch zu leben, wie viel mehr auf der Reise. Zu Hause kann man selbst bestimmen; auf der Reise verdoppeln sich die Verlockungen. Von zehn Reisenden kommen neun mit Magenverstimmungen nach Hause. Bliebe das Vergnügen. Aber hier findet Prévost die beschauliche Reisevorbereitung im Studierzimmer beiweitem schöner. "Man sehe sich die gelangweilten Gesichter der Durchschnittreisenden an. Und wenn man sich selbst beobachtet, dann spürt man, wie man das Opfer der Reiseneurasthenie wird; man konstatiert die Hast anzukommen, konstatiert die unausbleibliche Enttäuschung der hochgeschraubten Erwartungen.

Denn der Zustand des Menschen bei der Reise ist nicht normal. Er ist nicht organisiert, so viel verschiedenartige Eindrücke klar zu registrieren. Er hört auf, genau zu sehen und gut zu verstehen. Das Pflichtgefühl treibt einen, durch langweilige Straßen zu laufen..." Das Schönste ist immer die Erinnerung...

Historischer Zeitungsartikel: Pester Lloyd, 6.8.1909

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