31.7.1925
Der heurige, an Niederschlägen überreiche Sommer verspricht eine reiche Pilzernte, die allerdings vermutlich wieder eine Reihe von Vergiftungs-, bzw. Erkrankungsfällen mit mehr oder minder schlimmen Folgen bringen wird. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der eßbaren Pilze findet noch immer nicht die verdiente Würdigung; nur so läßt es sich erklären, daß an sich sehr tüchtige Forstleute und Berufsjäger an diesen dem Fleisch fast gleichwertigen, der Natur aber entschieden zuträglicheren Schätzen des Waldes achtlos vorübergehen.
Die Ursache liegt in einer übertriebenen Scheu und Furcht vor Erkrankung. Die Gefahr ist keineswegs so groß, wie manche annehmen. Es gibt nur ganz wenige Arten von Giftpilzen, die infolge einer gewissen Aehnlichkeit mit eßbaren Schwämmen verwechselt werden können. So wird der gefährlichste unserer heimischen Giftpilze, der Knollenblätterschwamm, nicht selten mit dem Champignon, der Giftreizker mit dem eßbaren, der Speitäubling mit den guten Arten verwechselt. Die meisten anderen, z. B. der Fliegenschwamm, sind von der Natur aus so auffallend gestaltet und gezeichnet, daß selbst dem Unerfahrensten kaum ein Fehlgriff passieren kann.
Tatsächlich sind die verhältnismäßig wenigsten Erkrankungen auf den Genuß wirklicher Giftpilze, die meisten dagegen auf die Verwendung solcher eßbarer Schwämme zurückzuführen, welche, meist infolge allzugroßer Nässe, bereits in Fäulnis übergegangen sind. Solche Pilze erregen, wenn sie genossen werden, der Fleisch- und Wurstvergiftung ähnliche Erscheinungen und können die schlimmsten Folgen nach sich ziehen. Ein gutes, mit naturgetreuen farbigen Illustrationen versehenes Pilzbuch schützt fast mit voller Sicherheit gegen jede Gefahr.
Manche wissen auch gar nicht, wo sie die Pilze zu suchen haben. Im Buchenwald wird man höchstens einen Reizker, den Buchenschwamm oder Eierschwämme, Brätlinge und Pfifferlinge finden. Alle anderen muß man im Fichtenwalde suchen, u. zw. wachsen sie vorwiegend im Jungbestande. Das Auffinden des mit einer vorzüglichen Schutzfarbe versehenen Herrenpilzes wird wesentlich durch die Kenntnis der Tatsache erleichtert, daß dieser stets zusammen mit dem Fliegenpilz gedeiht.
H. U.
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