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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Arbeiter-Zeitung

3.5.1903

Historisches Logo der Zeitung »Arbeiter-Zeitung«

Der Weltenbummler Hanslian verhaftet.

Man erinnert sich vielleicht noch des Mannes, der seinerzeit zu Fuß von Wien nach Paris marschierte, Frau und Kind in einem Wägelchen vor sich herschiebend. Er hieß Anton Hanslian und war seines Zeichens Drechsler. Die Fußpartie nach Paris verlief jedoch nicht ganz einwandfrei; sein Reisebegleiter und Manager klagte ihn später, und gelegentlich der Verhandlung kamen ganz merkwürdige Dinge zur Sprache.

Hanslian soll nämlich sehr oft die Eisenbahn und Bauernwagen zu Hilfe genommen haben. Hanslian erzählte den Leuten überall, er unternehme diesen Fußmarsch in Folge einer hohen Wette. Den Bedingungen dieser Wette entsprechend, durfte er, so erzählte er weiter, kein Geld mitnehmen und seinen Unterhalt in der Weise fristen, daß er Ansichtskarten verkaufe oder Geschenke annehme.

Das Geschäft schien ganz gut gegangen zu sein, und nur die Differenzen, die er mit seinem Manager hatte, dem er einen Theil seines Verdienstes vorenthielt, deckten seine Machinationen auf. Bald nach der Reise nach Paris unternahm Hanslian eine Wanderung durch ganz Europa und führte wieder seine Frau und sein Töchterlein in einem Rollwagen mit sich. Er behauptete, mit dem Herausgeber des "New York Herald", Gordon Benett, gewettet zu haben. Dieser erklärte aber, daß er Hanslian gar nicht kenne und daher eine Wette mit ihm nie abgeschlossen habe.

Das Bekanntwerden dieser Thatsachen war der hauptsächliche Grund, daß Hanslian Wien verließ, dessen Boden ihm zu heiß geworden war. Er reiste nach Amerika und wollte dort den in Europa nicht mehr zugkräftigen Humbug fortsetzen. Vor einigen Tagen traf er mit seiner Frau und mit seinem Töchterchen Leopoldine in New-York ein. Frau und Kind saßen in einem Rollstuhl und Hanslian postirte sich in eleganter Dreß mit seiner Familie an einer Straßenecke, um dort Ansichtskarten feilzubieten, auf welchen sein Porträt abgebildet war. Ein Agent der Kinderschutzgesellschaft veranlaßte jedoch die Verhaftung der Familie des Weltreisenden.

Im Jefferson Market-Polizeigericht erklärte der Globetrotter dem Magistrat Barlow, daß er seine sonderbare Weltreise in Folge einer Wette mache. Er habe nicht gewußt, daß er die Gesetze übertrete und sei bereit, die Stadt sofort zu verlassen. Doch das half nichts. "Betteleien dieser Art müssen aufhören", erklärte der Richter. "Ich gedenke in diesem Falle ein Exempel zu statuiren."

Trotz allen Flehens wurde das bitterlich weinende Ehepaar festgehalten und in Ermanglung von Bürgschaft ins Gefängnis geschickt. Um die sich wie verzweifelt Geberdenden zu trennen, bedurfte es der vereinten Anstrengungen von drei Polizisten. Bei seiner Festnahme hatte Hanslian 21 Dollars in amerikanischem und 300 Mark in deutschem Gelde in seinem Besitz.

Die Weltreise Hanslians wurde durch die Verhaftung in einer für den Mann unangenehmen Weise unterbrochen. Das Kind des Ehepaares wurde vorläufig von der New-Yorker Kinderschutzgesellschaft übernommen.

Historischer Zeitungsartikel: Arbeiter-Zeitung, 3.5.1903

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