13.2.1921
Der Dekan der juristischen Fakultät Professor Kelsen hat namens des Professorenkollegiums der juristischen Fakultät eine Mahnung an die Studierenden dieser Fakultät gerichtet, in der es heißt: Das wissenschaftliche Niveau, welches die Rigorosen ergeben, hat einen Tiefstand erreicht, der zu den ernstesten Besorgnissen Anlaß bietet. Nicht nur daß die allgemeine Bildung der meisten Kandidaten sich als gänzlich unzulänglich erweiset, fehlt es in den einzelnen Prüfungsfächern oft an jeder theoretischen Grundlage, ja häufig sogar an den primitivsten Kenntnissen.
Angesichts der Gefahren, die dem öffentlichen Leben aus einem wissenschaftlich und - was damit im engsten Zusammenhange steht - moralisch minderwertigen Juristenstand erwachsen können, glaubt das Professorenkollegium, alles aufbieten zu müssen, um diesem Übelstände zu steuern. Das Professorenkollegium legt den Studierenden dringend nahe, die von der Universität zur Verfügung gestellten Lehrbehelfe, Bibliotheken, Seminare usw., soweit dies irgend möglich ist, zu benützen, vor allem aber die Vorlesungen und Übungen zu besuchen.
Das Professorenkollegium hat ferner beschlossen bei den Rigorosen die nur durch die Kriegsverhältnisse begründet gewesene Nachsicht bei der Beurteilung der Kandidaten in Hinkunft nicht mehr zu üben und jeden unverweigerlich zu reprobieren, der nicht in allen Prüfungsgegenständen eine hinreichende Durchbildung nachweist.
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