23.1.1924
In den heutigen Vormittagsstunden drangen an die dreihundert Kriegsinvalide, die in den verschiedenen Siechenhäusern und Invalidenhäusern untergebracht sind, auf Grund einer gestern abends ausgegebenen geheimen Parole in das Parlament ein und besetzten, ehe sie daran gehindert werden konnten, die Säulenhalle. Zu diesem Vorgehen hatte sie, wie das "N. Wr. Abdbl." meldet, der Umstand bestimmt, daß den Invaliden infolge der Bestimmung des § 28 des Invalidengesetzes das Krankengeld nicht mehr, wie bisher, von den Invalidenämtern gezahlt wird, sondern daß die Krankenkassen angewiesen werden, die Renten und Krankengelder an die Kriegsbeschädigten flüssig zu machen.
Die Krankenkassen erklären sich aber außerstande, dies zu tun. Dieser Konflikt zwischen Krankenkassen und Invalidenämtern bringt die Kriegsbeschädigten in eine schwierige Situation und diese fordern nun die Zurücknahme des zitierten Paragraphen. Abg. Sever führte eine Deputation der Invaliden dem Minister für soziale Fürsorge Schmitz vor. Nach längerer, teilweise sehr erregter Aussprache, kam eine Vereinbarung zustande, die die Invaliden befriedigte, worauf diese das Parlamentsgebäude durch das rückwärtige Tor in Ruhe wieder verließen.
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