WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE

Startseite.

Schriftzug WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE


4762 historische Zeitungsartikel gefunden

[ Übersicht & Neue Auswahl ]


Beitrag 44 von 4762

Zurück | Vor

HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Neue Freie Presse

3.3.1904

Historisches Logo der Zeitung »Neue Freie Presse«

Die Ausstellung in St. Louis - Eine Rechtfertigungsschrift der Wiener Sezession

Bekanntlich ist die Wiener Sezession von der Beteiligung an der Weltausstellung in St. Louis zurückgetreten, weil ihr Entwurf für die Ausstellung der Vereinigung vom Unterrichtsministerium nicht genehmigt wurde. In der heute erschienenen Nummer der Zeitschrift der Vereinigung, "Ver Sacrum", begründet die Sezession ihren Standpunkt in dieser Angelegenheit in ausführlicher Weise.

Die österreichischen Künstler, so heißt es in dieser Schrift, konnten der Kürze der Zeit wegen nur mit Vorhandenem rechnen. Der Sezession war ein Saal zugewiesen, der ein Ausmaß von 10,70 Metern zu 10,20 Metern aufwies. Nun wisse die Vereinigung, daß durch die Aneinanderreihung verschiedenartiger Kunstwerke ein künstlerischer Gesamteindruck eines Raumes nicht zu erreichen ist.

"Wollten wir", so wird weiter ausgeführt, "Klimts Monumentalwerke, das Bedeutendste, was die österreichische Kunst der letzten Jahre unserer Ansicht nach hervorgebracht hat, zur vollen künstlerischen Wirkung bringen, mußte durch die Wahrung einer künstlerischen Einheitlichkeit der monumentale Eindruck des ganzen Saales angestrebt werden. Andernfalls hätten wir auf die Monumentalbilder verzichten und aus den von unseren übrigen Mitgliedern nebst Klimt geschaffenen Staffeleibrüdern eine Kollektion zusammenstellen und in üblicher Weise aufstellen müssen."

Die Sezession entschied sich dafür, Klimts "Jurisprudenz" und die "Philosophie", vier Landschaften und zwei Plastiken (Metzner) nach St. Louis zu senden. Dieses Projekt wurde nun vom Ministerium abgelehnt mit der Bemerkung, daß dadurch zu wenig Kunstwerke zur Ausstellung gelangen und nur ein Teil der Mitglieder vertreten wäre. Die von den Vertretern der Vereinigung erhobenen Vorstellungen blieben erfolglos. Darauf richtete die Vereinigung am 26. Januar an das Ministerium den Ablagebrief, in welchem es heißt:

"Der Wert einer Kunstausstellung wird nach unserer Ansicht nicht durch die Anzahl der Objekte, sondern durch die Qualität derselben und die Art ihrer Ausstellung bestimmt. Dank der Opferwilligkeit ihrer Mitglieder war die Vereinigung in der Lage, für St. Louis eine Ausstellung vorzubereiten, welche, ohne Rücksicht auf einen eventuellen geschäftlichen Erfolg, eine würdige Repräsentanz der Vereinigung auf der Weltausstellung werden sollte. Der vorgelegte Entwurf des Professors Hoffmann hat dieser Intention der Vereinigung vollkommen entsprochen.

Die Vereinigung bedauert, daß ihre künstlerische Anschauung im Unterrichtsministerium keine Anerkennung gefunden hat und sieht sich daher gezwungen, von der Beteiligung an der Weltausstellung in St. Louis zurückzutreten." Das Ministerium nahm dieses Schreiben durch Erlaß vom 1. Februar dieses Jahres zur Kenntnis.

Der für die Sezession bestimmte Saal wurde an die polnischen Künstler vergeben. Die Sezession wendet sich nun gegen Einwendungen und Auflagen, die in der Oeffentlichkeit gegen sie erhoben werden, und sagt: "Wir bedauern, daß unsere Intentionen nicht verwirklicht werden konnten, und sind sicher, daß auch diesmal der Erfolg nicht ausgeblieben wäre. Nicht einer launischen Willkür entsprang unser Plan, sondern einer tiefen künstlerischen Notwendigkeit.

Keine Verkaufshalle, vollgestopft mit möglichst vielen Bildern, beabsichtigte die Vereinigung, sondern in diesem Riesenjahrmarkte einer Weltausstellung einen wirklichen Weihetempel, aber nicht einen solchen für einen einzelnen Künstler, sondern einen Weihetempel für die österreichischen Kunst, die durch die letzte und gegenwärtig höchste Entwicklungsstufe, die sie erreicht hat, repräsentiert werden sollte."

Zum Schlusse wendet sich die Sezession gegen die Behauptung, daß sie im Unterrichtsministerium eine besondere Bevorzugung genieße, und führt an, daß vom Ministerium während der sechs Jahre des Bestehens der Sezession auf 19 Ausstellungen der Vereinigung von Ausländern 11, von ihren Mitgliedern 29 Kunstwerke, in den Ausstellungen des Künstlerhauses 75 Kunstwerke und des "Hagenbund" in vier Jahren 42 Kunstwerke angekauft wurden.

An die Akademie seien in dieser Zeit ein Mitglied der Vereinigung und vier Mitglieder anderer Korporationen als Lehrer berufen worden. An die Kunstgewerbeschule wurden fünf Mitglieder der Vereinigung berufen. Dem textlichen Teil einer von der Sezession herausgegebenen Broschüre, betitelt: "Die Wiener Sezession und die Ausstellung in St. Louis", ist eine Reihe von Abbildungen, sowie der Entwurf von Professor Hoffmann für die Raumgestaltung beigefügt, ferner die für die Ausstellung gestimmt gewesenen Bilder von Klimt, Metzner und Andri. Die Broschüre ist im Buchhandel, sowie an der Kasse der Sezessionsausstellung zu haben.

Historischer Zeitungsartikel: Neue Freie Presse, 3.3.1904

Erzählen SIE uns von früher. Wir veröffentlichen Ihre Geschichte.

Diese Seite an jemanden senden






Zurück | Vor


XHTML | CSS|

WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE.

Ein DER LICHTBLICK Projekt.