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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Volksblatt für Stadt und Land

10.10.1920

Historisches Logo der Zeitung »Volksblatt für Stadt und Land«

Nicht nach Brasilien!

Der ehemalige Silzer Zangerbauer Josef Praxmarer schildert in einem Brief im "Tiroler Anzeiger" unter Angabe der Ursachen die gegenwärtige traurige Lage der Auswanderer in Brasilien folgendermaßen: Die vielen arbeitsscheuen und arbeitsunkundigen Mit-Auswanderer haben es durch ihr unvernünftiges Gebaren endlich so weit gebracht, daß wir unsere Fazenda aufgeben müssen.

Nach dem Abzug dieser Menschendrohnen ist die Anzahl der Arbeiter viel zu gering, als daß wir noch länger unsere Fazenda halten könnten. Jetzt haben wir gerade die Kaffee-Ernte - er stünde recht schön - aber wir allein sind nicht imstande, alles hereinzubringen. Es wären zirka 50.000 bis 60.000 Kaffeebäume abzupflücken. Die Bäume sehen aus wie bei euch die größten Haselnußsträucher; auf jedem Baume sind 14 bis 16 Kilogramm.

Geld haben wir alle jetzt keinen Knopf mehr und müssen deshalb das Kaffeegeld abwarten. Weil wir also in der hiesigen Gegend so in Mißkredit stehen, so haben wir im Sinne nach St. Katharina zu ziehen. Es ist nur schade um die Arbeit, die wir bisher geleistet haben. Hatte schon Stadel und Stall gebaut, ein Bienenhaus mit zwölf schönen Stöcken, hatte 50 bis 60 Hühner, 5 Schweine und ein um 100 Millreis gekauftes schönes Pferd. Acker hatte ich im Ausmaß von zehn Starland gemacht. Und all dies ist jetzt umsonst.

Denn das Vieh kaufen die Brasilianer nicht ab, weil sie selbst genug haben und den Grund und Boden heißt es überhaupt zurücklassen. So können wir denn wieder aufs neue anfangen. Fürwahr, es braucht da große Geduld und Arbeitslust. Ich möchte keiner "Katze" mehr herüberhelfen, indem ich für mein "Gutsein" schon mehr als genug daraufgezahlt habe. Es fällt eben nicht so rosig aus, als wie es sich viele vorstellen, dazu gäbe es dann noch obendrein Vorwürfe.

Ueberhaupt kommt man mit eurem Gelde schon gar nirgends mehr hin. Mit der Religion sind wir uns bereits selber überlassen. Am Anfang ist ein Pater von San Paolo gekommen, seit langem aber gibt es für uns keine Messe und keinen Sonntag.

Wir haben es hier im Winter (Juli) wärmer, als wie ihr drüben im Sommer. Viel zu schaffen gibt uns neben der großen Hitze das vielerlei Ungeziefer und besonders das Heer der Ameisen. Man erwehrt sich kaum. Dafür haben wir aber mit Löwen, Bären und Schlangen nichts zu tun. Die Tierwelt hat hier ewigen Sommer und führt gerade deshalb das böse Ungeziefer ein eigentliches Wohlleben.

Historischer Zeitungsartikel: Volksblatt für Stadt und Land, 10.10.1920

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