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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Wiener Morgenzeitung

16.2.1926

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Der Bubikopf.

Staunenswert sind der Spürsinn und die Geschicklichkeit, mit denen Modeneuheiten zustande gebracht werden und in die Massen geschleudert werden. Eine dieser Neuheiten war der Bubikopf. War, weil sich schon gegenwärtig langsam eine Wandlung zu vollziehen scheint. Bloßgelegte Frauenohren mit hervorblickenden Locken sind neue Ansätze, sie bilden den Uebergang zu einer neuen Haarmode.

Wie wird sie sein? Das kann niemand beantworten, weil in der Mode überhaupt der oder die einzelne nicht tonangebend sind. Viele verschiedenartige ineinandergreifende Kräfte bilden die neue Mode, von denen der Betrachtende jene oder die andere Kraft erkennen kann. Der modern gewordene Bubikopf ist keine Laune der Mode, er ist auch keine Neuheit. Der Tutanchamen-Kopf des alten Aegyptens, der Tituskopf der französischen Revolution sind seine Vorgängerinnen. Die russische Revolution, welche die Frau dem Berufsleben zugeführt hat, die Frau im Amte, in der Politik, in der Armee, wie man es allgemein sagt, die Vermännlichung der Frau, schuf den Bubikopf.

Allein der Bubikopf eroberte nicht die Frauenwelt aus dem Osten kommend, nein, als er sich in Amerika durchsetzte, als ihn ein politisch mächtiges Land von Weltansehen anerkannt hat, kam er nach Europa. Ex occidente! Viele Jahre früher war er in Rußland allgemein, ebenso im neuen Palästina bei den Chaluzoth, und doch setzte sich die Mode des Bubikopfes erst durch, als sie von Amerika aus organisiert wurde.

Doch ist die Psychologie des Bubikopfes eine tiefere als man gewöhnlich annimmt. Die allgemein verbreitete Ansicht, der Bubikopf setzte der fortschreitenden Vermännlichung der Frau die Krone auf, stimmt nicht ganz, denn nicht dem Manne ähnlich zu sein, strebt die Frau durch den Bubikopf, sondern dem Kinde!

Ewige Jugend ist der ewige Traum des Weibes, Kind zu sein, so lange sie keine Mutter werden kann. Die narzistische Anlage der Frau führte zur naturhaft kindlichen Selbstdarstellung durch den Bubikopf.

Das Kindliche, das Unschuldige, das Hilflose und nicht die Vermännlichung, fand Ausdruck im Bubikopf, der als Mädi- oder Pagenkopf der Welt verkündete, daß ihre Trägerinnen Kinder bleiben wollen. Der Bubikopf ist ebensowenig männlich wie der Reiz eines Flaumenhauchs oberhalb einer Frauenlippe ein Schnurrbart ist.

Historischer Zeitungsartikel: Wiener Morgenzeitung, 16.2.1926

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