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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Wiener Morgenzeitung

21.2.1925

Historisches Logo der Zeitung »Wiener Morgenzeitung«

Zur Philosophie des Selbstrasierens.

Er haust in einem kleinen Laden an der Potsdamer Straße in Berlin. Nennt sich mit Stolz einen alten Handwerker - Mechaniker seines Zeichens -, hat aber einen Künstlerkopf mit Spitzbart und Lockentolle. "Solinger Stahlwaren" steht auf dem Schaufenster, und ich gehe hinein, weil ich ein Taschenmesser brauche. Wir kommen aber, angeregt durch den Kunden, den er vor mir abgefertigt hat, auf Rasierklingen zu sprechen und finden uns in der Meinung, daß, schmerzlich wie es für uns Deutsche ist, die amerikanische Rasierklinge im allgemeinen der deutschen überlegen sei. Allerdings gibt es auch da Unterschiede.

Mein Philosoph hat herausgefunden, und ich kann es ihm aus eigener Erfahrung nur bestätigen, daß die Klingen eines und desselben Packs oft recht verschiedenwertig sind, daß einem neben Klingen, die man wochenlang im Gebrauch haben kann, auch solche unter die Hand kommen, die man schon am dritten Tage wegwerfen muß. Da wir der Sache philosophisch zu Leibe gehen, so vergessen wir nicht, neben dem objektiven Tatbestand auch den subjektiven in Rechnung zu stellen. Und wir bestätigen uns, daß ein und dieselbe Klinge heute mild wie ein Frühlingslüftlein über die Haut dahingleitet, während das Rasieren damit morgen schon zur blutigen Metzelei ausarten kann. Ja, man hat Tage, wo man imstande wäre, sich mit einem Sicherheitsrasierapparat den Hals abzuschneiden!

Ist es unter solchen Umständen nicht beklagenswert, daß es über die Kunst, sich selbst zu rasieren, noch kein Buch gibt? Kann es einen würdigeren Gegenstand für eine Doktordissertation geben? meint mein Philosoph. Ueber die weltfernsten Gegenstände stellen die angehenden Gelehrten tiefsinnige Untersuchungen an, nur über das, was jedermann täglich zu schaffen macht, nur darüber gibt es nicht die bescheidensten Anfänge einer wissenschaftlichem Literatur! Also, wer macht den Anfang? "Die Philosophie des Selbstrasierens.

1. Teil: Die technischen Grundlagen des Problems.
2. Teil: Die psychologischen Grundlagen.
3. Teil: Der Sieg des zweckbewußten Willens über die Tücke des Objekts."
Der Erfolg könnte beispiellos werden, wo doch Millionen redlicher Männer jeden Morgen mit dem Problem neu zu ringen haben. Manche sogar zweimal täglich.

Historischer Zeitungsartikel: Wiener Morgenzeitung, 21.2.1925

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