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Vor kurzem lasen wir auf den Wahlaufrufen der sozialdemokratischen Partei die schönen Worte: Religion ist Privatsache. Wer glaubt das noch? - - Wenn Religion Privatsache ist, dann ist der Priester sicherlich wenigstens aus diesem Grunde als Privatmensch, den man seines Weges ziehen läßt, zu betrachten. Nach Karl May lassen sogar die besser gesitteten Indianerstämme unbekannte, fremde Menschen ihren Weg gehen.

Nicht so die Elite der freidenkerischen Steyrerjugend, die am Sonntag sich zahlreich am Damberg sammelte und abends am Heimwege gerade einem Priester begegnete, der sich mit dem Rad zur Dambacherkapelle begab, um von dort einer Schwerkranken den letzten Trost der Religion zu bringen.

Die eine Schar rief dem Priester unter Gelächter und Hohn ein "Frei Heil!" nach, eine andere stimmte ein Spottlied an, ein anderer rief ihn an: "Sie schmeißens nicht um!", wieder ein anderer höhnte den Antwortgruß des Priesters nach. So ging es das ganze Dambachtal hinein. Als der Priester dann mit dem Allerheiligsten die Kapelle verließ, blieb hart am Wegesrand eine Gruppe stehen, ließ den Priester lachend an sich vorüberziehen und entrüstete sich dann, daß er ihr nicht den Segen gegeben hatte.

Noch manche lachende "Heimkehrer" von der Freidenkerversammlung auf dem Damberg ignorierten vollständig die sonst vor der Religion übliche Ehrerbietung. Frei denken heißt im Sinne der Freidenker, allen Freiheit lassen, was sie sich über Gott und Religion denken wollen. Wenn man aber ein solches Idyll erlebt, dann wird man auch zum Freidenker und denkt sich: "Wo bleibt hier das Denken und wo die Freiheit?"