WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE

Startseite.

Schriftzug WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE


4762 historische Zeitungsartikel gefunden

[ Übersicht & Neue Auswahl ]


Beitrag 1269 von 4762

Zurück | Vor

HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Die Neue Zeitung

28.6.1926

Historisches Logo der Zeitung »Die Neue Zeitung«

Die "Vermännlichung" der Frau - von einer anderen Seite aus.

Die Frauen haben es weit gebracht. Sie lassen sich den Bubikopf herrenmäßig schneiden und stülpen eine Schirmmütze darüber, sie tragen Smoking, halbsteife Leinenbrust, steifen Stehkragen und Selbstbinder, sie schwingen den Spazierstock, rauchen Zigaretten und boxen. Ja, manche unserer hypermodernen Schönen klemmen sich sogar ein Monokel ins Auge, als sei Otto Reuters Mahnung eigens für sie geprägt: "Nun ziehe los und wandre! Und wenn du mal was sehen willst, guckst du durch das andre!" Kurzum, die Frau wird dem Manne immer ähnlicher, zum mindesten in ihrem Auftreten und Aeußern.

Aber unsere Damen sprechen anderseits soviel von Persönlichkeit, von Harmonie und Ausgeglichensein. Wenn sie eine harmonische Persönlichkeit darstellen wollen, dann müßten doch innerstes Wesen und Aeußerlichkeit in gewissem Einklange stehen. Es ist und bleibt ein Widerspruch, wenn eine Frau nach außen den Mann markiert, innerlich aber ganz Weib bleibt. Wenn die Frauen schon mal auf die "Vermännlichung" eingeschworen sind, dann müßten sie auch konsequent sein und dies Prinzip möglichst nach allen Seiten hin durchführen.

Gewiß, es gibt viele Frauen, die im Lebenskampfe steh'n, genau wie der Mann, die in schwerer Pflichterfüllung treu auf ihrem Posten ausharren und in ihren Leistungen in nichts dem Manne nachgeben. Solchen Frauen muß stets unsere Achtung gehören, weil sie ganze, wertvolle Persönlichkeiten sind, die schon das rechte Gleichmaß zwischen harter Arbeitsfron und weichem Frauentun zu finden wissen. Aber es sind auch viele der Frauen, die nach außen streng auf die "herrenmäßige Linie" halten, deren Charakter aber nur allzusehr alle weiblichen Schwächen verrät. Ihnen gilt mein Wunsch, doch in der "Vermännlichung" einen Schritt weiterzugehen und auch nach innen ein ganz klein wenig die "männliche Linie" anzunehmen.

Dazu einige Anregungen. Der rechte Mann arbeitet, ob er reich ist oder nicht. Das Leben einer Drohne zu führen, verträgt sich absolut nicht mit dem "männlichen Charakterkopf" der modernen Frau. Der rechte Mann ist großzügig. Er weiß nichts von gehässigem Klatsch, von giftigem Neid und kleinlicher Rechthaberei. Wie steht es damit bei euch, ihr Damen im "Männerstil"? Der rechte Mann ist vor allen Dingen treu und tapfer. Die Damen von heute aber nennen Flirt ein Lebensbedürfnis und laufen trotz Smoking und Stöckchen noch vor einer Maus davon...

Auch Weinkrämpfe und Ohnmachten sind sehr unmännlich und sollen bei einer modernen Frau nicht mehr vorkommen! Und wie verträgt es sich mit der "männlichen" Einstellung, stundenlang in der Konditorei zu sitzen und Berge von Schlagobers zu verzehren? Es wird nicht nötig sein, noch mehr der Widersprüche zwischen "männlichem Stil" und "weiblichem Wesen" anzuführen. Man kann entgegenhalten, daß auch genug Männer mit diesen Schwächen behaftet sind. Gewiß, aber das sind eben keine starken, rechten Männer, so wie unsere übermodernen Damen keine rechten Frauen mehr sind...

Historischer Zeitungsartikel: Die Neue Zeitung, 28.6.1926

Erzählen SIE uns von früher. Wir veröffentlichen Ihre Geschichte.

Diese Seite an jemanden senden






Zurück | Vor


XHTML | CSS|

WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE.

Ein DER LICHTBLICK Projekt.