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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Die Neue Welt

27.3.1936

Historisches Logo der Zeitung »Die Neue Welt«

Rauchende Schlote und giftige Gase

In der letzten Zeit häufen sich bei uns die Versuche, die jüdische Bevölkerung moralisch zu diskreditieren, um ihre Ausschaltung aus dem Wirtschaftsleben als begründet erscheinen zu lassen. Die philosophisch-religiösen Erörterungen über den Wert der jüdischen - Rasse waren nur der Unterbau für die antijüdische Agitation, die sich, wie überall, nicht mit einer Diffamierung begnügt, sondern praktische Resultate, d. i. die Vernichtung jüdischer Existenzen, anstrebt.

Daß hiebei die Mittel nicht gerade ausgesucht sind, braucht nicht im besonderen dargelegt zu werden. Das wirtschaftliche Blutmärchen des Wiener Vizebürgermeisters Dr. Kresse, der sich der Beweise für den Umstand rühmt, "daß die jüdischen Kreise einen Boykott gegen arische Geschäftsleute durchführen", ist wohl ein genügend krasses Beispiel für die Methode, die man anwendet, um den Juden als Schädling des christlich-deutschen Oesterreich hinzustellen.

Ganz besonders scharf haben es die Faktoren, denen der Schutz der gewerblichen Interessen anvertraut ist, auf die zugereisten, nicht bodenständigen Juden. Von ihnen wird immer wieder behauptet, daß sie mit ihren unreellen und unproduktiven Manipulationen das heimische, anständige, christliche Geschäft ruinieren, um so mehr, als bei ihnen ausschließlich der Schachergeist die Triebfeder ihrer Tätigkeit sei. Solche Aeußerungen, die wie giftige Gase das Hirn der Bevölkerung zu benebeln vermögen, treiben Tag um Tag ihr Unwesen.

Das "Wiener Morgenblatt", das die Interessen jener Kreise vertritt, die sich der besonderen Fürsorge des Vizebürgermeisters Dr. Kresse erfreuen, berichtet mit satanischer Wollust von "jüdischen Schädlingen aus dem Osten", von deren "unsauberen Geschäftspraktiken", die vom braven Oesterreichertum entschieden abgelehnt werden.

Giftige Gase!

Am 23. März weiß das Blatt etwas zu melden, das die Herzen aller braven Oesterreicher höher schlagen läßt. Unter dem optimistischen Fanfarentitel "Rauchende Schlote in Wiener Neustadt" bringt es die Mitteilung von der Errichtung eines neuen Fabriksunternehmens im Wiener Neustädter Industriebezirk, das eine Hoffnung für eine Bevölkerungsschichte bedeute, von der es unter 6000 Arbeitern nur 700 Beschäftigte gibt.

"Es ist", schreibt das Blatt, "ein schöner Plan des neuen Unternehmens, auf dem großen Gelände der Werke ein Kindererholungsheim zu eröffnen. Es soll den Namen "Stockinger-Heim" führen und ist dazu ausersehen, sonnige Ferienstunden bedürftigen Kindern zu bereiten. Die Fabrik wird mit vollkommen neuen Maschinen eingerichtet und ein Musterunternehmen für den gesamten europäischen Kontinent darstellen." Ein Musterunternehmen, das vielen hundert christlichdeutschen Arbeitern Brot geben wird ...

Und weiter schreibt das Blatt: "Es handelt sich um die Gründung einer Textilfabrik unter der Firma Makospinnerei und -zwirnerei Pick in Wiener Neustadt ..."

Firma Pick und nichts weiter! Wer ist nun diese brave Firma Pick, das Musterunternehmen, das Musterbeispiel für soziale Fürsorge? Keine andere als eine Tochtergründung des Herrn Dr. Otto Pick von der Firma E. G. Pick in Oberleutensdorf bei Brüx in C. S. R., also eine jüdische Firma, und eine zugereiste auch noch ... Ist das kein Skandal? Nein.

Denn die "Wiener Morgenpost" und die Herren, welche die Interessen Oesterreichs so warm zu pflegen vorgeben, werden sich hüten, zu erzählen, daß ein Jude es ist, der produktive Arbeit leistet.

Giftige Gase gegen die Zugereisten, wenn einer von ihnen sich gegen Gesetz und Sitte vergeht! Aber wenn es sich um rauchende Schlote handelt, dann ist's ein anonymer Pick, dem sie zu verdanken sind.

o. r.

Historischer Zeitungsartikel: Die Neue Welt, 27.3.1936

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