26.5.1907
Ein vielfach beklagter Übelstand unserer Telephoneinrichtungen ist die geringe Zahl der öffentlichen Sprechstellen. Dadurch, daß die Telephonstelle in der Regel mit einem Post- und Telegraphenamt kombiniert ist oder doch der Bedienung durch ein ständig in der Nähe der Sprechstelle weilendes Organ bedarf, ist die Dislozierung und Verbreitung der öffentlichen Sprechstellen an Verhältnisse gebunden, welche die Benützung des Fernsprechers bei plötzlich eintretenden momentanen Bedarfe, auf der Straße, während eines Geschäftsganges etc. fast ausschließen.
Wie wir vernehmen, soll diesem namentlich in Wien fühlbaren Mißstande durch die Einführung automatischer öffentlicher Telephonstellen in größerer Zahl abgeholfen werden. Die Postverwaltung hat nämlich der Gesellschaft für elektrische Industrie in Wien im Vereine mit Robert B. Jentsch, dem Erfinder eines bereits erprobten Automatensystems, die Errichtung und den Betrieb öffentlicher Telephonautomaten sowie auch die Anbringung automatischer Selbsteinkassierer an staatlichen Abonnentenstationen gestattet.
Diese öffentlichen Telephonautomaten - welche naturgemäß zunächst nur für den Lokalverkehr in Betracht kommen - werden außer in dem Parteiraume der Post- und Telegraphenämter nun auch in größerer Anzahl auf öffentlichen Straßen und Plätzen in Kiosken, in Durchhäusern und dergleichen errichtet werden und dem Publikum gegen einfachen Einwurf eines 20 Hellerstückes zur Verfügung stehen.
Die höchst einfache Manipulation, durch welche auch die bisher nötige umständliche Lösung einer Sprechkarte, Vormerkung und so weiter ganz vermieden wird, ermöglicht es, das Gespräch in kürzester Zeit zu absolvieren. Die neue Einrichtung setzt jeden Passanten in die Lage, sofort und ohne irgend welche Umstände einem momentan auftauchenden Wunsche nach einer Mitteilung durch den Fernsprecher an einen beliebigen Abonnenten des gesamten Lokalnetzes Genüge zu leisten.
Die selbsteinkassierenden Apparate, welche an jeder Telephonabonnenten-Station angebracht werden können, ermöglichen es dem Besitzer der Abonnentenstation (hier dürften vor allem Kafetiers, Hotelbesitzer etc. in Betracht kommen), das ihm nach der neuen Telephonordnung nunmehr zustehende Recht der Einhebung eines Entgeltes für die Benützung seiner Station durch Dritte auszuüben, ohne daß er gezwungen wäre, sich hiezu besonderer Überwachungsorgane zu bedienen.
Diese selbsteinkassierenden Apparate sollen in der Weise eingerichtet werden, daß nach Einwurf eines 10 Hellerstückes gesprochen werden kann. Bei Inanspruchnahme des Selbsteinkassierers entfällt die Notwendigkeit, die Sprechzelle (wie dies jetzt z. B. in Cafés ziemlich allgemein geübt wird) zu versperren und gegen Bezahlung des Benützungsentgeltes vom Kellner öffnen zu lassen, dann wieder abzusperren u.s.w.
Die neue Einrichtung wird also den Abonnenten, welche sich ihrer bedienen, viel Zeit und Arbeitskraft ersparen, dabei aber auch eine durchaus verläßliche Kontrolle bieten.
WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE.
Ein DER LICHTBLICK Projekt.