28.6.2005
29.6.1910
29.6.1910
Heute kommen mir gleich zwei Zirkulare zu von dem "Verein zur Errichtung von Mädchenhorten". Seit einiger Zeit schon ist das Gerücht von diesem Unternehmen laut geworden, es wurde aber von maßgebender Seite versichert, daß in Anbetracht der Existenz der Kinder-, respektive Mädchenpatronagen, ein solches Unternehmen überflüssig wäre und keine Förderung von kompetenter Stelle erfahren werde. Nun scheint aber doch dieser Idee entsprochen worden zu sein, nachdem ein Verein zutage tritt, der wieder die Privatpersonen um Geld angeht. Also eine neue Kräftezersplitterung.
Die Patronagen in den äußeren Bezirken entsprechen, wenn sie genügend unterstützt werden, vollkommen für die wirkliche, bedürftige Schuljugend. Zu dem bedenke man, daß ein Mädchenhort nach der Art der Knabenhort[e] ein Unding ist. Die Patronagen nehmen die Schulmädchen nur für den langen, freien Nachmittag und entziehen selbe in den schulfreien Stunden ihren Angehörigen nicht. Selbst die dürftigste Familie muß doch ein Unterkommen haben, und das Mädel ist dazu da, helfend sich nützlich zu machen von klein an.
Zerstöre man doch nicht die Reste von Familiensinn. Die Patronagetage sind ihre Freude, ihr Vergnügen, wenngleich sie dort in nützlichen Dingen, besonders praktische Handarbeit, Flicken unterrichtet werden. Eine ganze Schar opferwilliger Damen aus besten Ständen bemüht sich in dem so eminent wichtigen und pädagogischen Werke. Und nun soll das bisherige Gute geschädigt werden zugunsten einer in ihrem Erfolge noch recht ungewissen Neugründung.
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