24.8.2005
19.8.1910
In der letzten Zeit ist es modern geworden, daß sich die Damen der eleganten Welt in die Schwurgerichtssäle drängen, um jedes Wort in einem Sensationsfall (wie bei der Verhandlung gegen die Tarnowska, Steinheil usw.) aus unmittelbarer Nähe zu hören und womöglich jede erschütternde Szene mitzuerleben - man sammelt Stoff für Jours und will unbedingt dabei gewesen sein.
Ein findiger Reklamemann eines Berliner Konfektionshauses wollte dies ausnützen und er kam auf den Einfall, dem im Gerichtssaale versammelten eleganten Publikum die neuesten Modeerzeugnisse vorzuführen. Zu diesem Zwecke wurden einige fesche Probiermamsells in die neuesten Turf- und Gesellschaftstoiletten gesteckt und in den Schwurgerichtssälen placiert, wo die lebende Modeausstellung jedesmal das beabsichtigte Aufsehen erregte.
Die Reklame hätte ihren Zweck verfehlt, wenn die "Muster" nicht an den Hüten in Form einer Agraffe ein kleines Schild mit der Adresse der von ihnen vertretenen Firmen getragen hätten. Die Toilettenausstellung dauerte so lange, bis schließlich die Gerichtsdiener Anweisung erhielten, Zuhörerinnen, die ein solches Abzeichen tragen, künftighin den Zutritt zu verweigern.
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