4.4.2006
11.4.1913
"Die Füße sind der Brennpunkt der weiblichen Schönheit." Mit dieser Behauptung tritt die "häßlichste Schönheit" der Welt, vulgo Fräulein Polaire in die Schranken und fordert ihre Schwestern auf, ihre Füße zu schmücken. Freilich waren die Füße früher auch einmal ein Brennpunkt der Schönheit, und sie sind es auch heute noch bei den Naturvölkern, wo ja bekanntlich Fußspangen ein sehr beliebter Schmuck sind.
Nun aber kommt Fräulein Polaire mit ganz neuen Theorien. Zuerst, so beginnt die Varietédiva ihren Appell an die Frauen aller Völker in einem großen Newyorker Blatte, müssen dem Fuße die Formen zurückgegeben werden, die er durch das unsinnige und verkrüppelnde Schuhwerk verloren hat. Darin kann man ihr beipflichten.
Ob nun aber jede Dame sich für die Massage ihrer Füße eigens eine Zofe halten kann, wie Fräulein Polaire es als unumgänglich aufstellt, ist eine andere Frage, die für manche sicherlich von vornherein ganz undiskutabel ist. Hat die Masseuse an Fräulein Polaires Füßen ihre Schuldigkeit getan, so tritt die Kammerzofe in Tätigkeit, die das Strumpf- und Schuhdepartement unter sich hat.
Als Strümpfe erkennt Fräulein Polaire nur die spinnwebefeinen Gewebe an, und was das Schuhwerk anbetrifft, so verdammt sie alles andere als den weitausgeschnittenen Pantoffel und die Sandale. Einer dritten Fußkammerzofe Fräulein Polaires liegt die Verschönerung des Fußes ob, die in einer sinnreichen und künstlerischen Ausschmückung mit Spangen, Ringen, Medaillons besteht. Aber Gemälde, wie es unlängst eine Varietékünstlerin zur Mode machen wollte, die beleidigen den guten Geschmack Fräulein Polaires.
Zu ihren Fußschmuckstücken gehört eine große Zahl von Medaillons mit Bildnissen ihrer Freunde und Freundinnen und ihrer beiden kleinen Lieblingshunde. Nur dann vergißt man jemanden nicht, wenn man ihn stets vor Augen hat. Deshalb trägt Fräulein Polaire die Symbole ihrer Freundschaft auf den Füßen, auf die ihr Blick stets "fallen" kann.
Uebrigens ist es Ehrensache, nicht die Geschmacklosigkeit zu begehen, beide Füße in derselben Weise zu schmücken. Im Gegenteil, jeder Fuß muß seine individuellen Schmuckstücke haben, und aus irgendeinem Grunde, den sie nicht näher angibt, verpönt Fräulein Polaire beispielsweise Ringe für den linken Fuß. Uebrigens sind Fräulein Polaires Theorien und Tendenzen längst nicht so ausgefallen, wie man denken mag.
Fußspangen und Fußringe, die mehr oder minder selbst mit blitzenden Juwelen geschmückt sind, sind auch schon in Europa Mode, und besonders eine Berliner Operettendiva leistet hierin ganz Außerordentliches.
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