18.4.2006
12.4.1916
Das k. k. Blindeninstitut in Wien, II. Wittelsbachstraße, dessen Direktor, Reg.-Rat A. Mell, früher im landwirtschaftlichen Lehrberufe tätig war, ist in Verfolgung des Grundsatzes, die kriegsblinden Soldaten nach Möglichkeit ihrem früheren Berufe zurückzugeben, und in Beachtung des Umstandes, daß ein hoher Prozentsatz dem landwirtschaftlichen Berufe angehört, bemüht, Baumzucht, Weinbau und Gartenbau in den Kreis der Unterrichtsgegenstände aufzunehmen.
Es war nicht leicht, das notwendige Lehrmittel, eine entsprechende Realität, zu erwerben. Es gelang, nachdem die Gattin des Wiener Architekten Karl Hofmeier, Frau Rosa Hofmeier, dem Institute ihr Besitztum "Marienheim" in Straß im Strasser Tale zu diesem Behufe widmete. Die Realität umfaßt ca. 5 ha Grund, ein gut gehaltenes, ausgedehntes Gebäude erlaubt die Aufnahme von mindestens 25 Kriegsblinden, welche kursweise mit den in die Jahreszeit fallenden Arbeiten beschäftigt werden sollen.
Den fachlichen Unterricht hat mit Genehmigung des n.-ö. Landesausschusses der Direktor der Landes-Wein- und Obstbauschule in Krems Weigl übernommen. Ein Blindenfachlehrer wird ihn in blindenmethodischer Beziehung unterstützen. Außerdem ist eine Korbflechterwerkstätte vorgesehen, so daß ein einheitliches Ganzes in Straß geschaffen werden wird. Anfang Februar wurde bereits mit drei Kriegsblinden der Versuch gemacht und sie haben sich anstellig zu allen Arbeiten der Baumpflege gezeigt.
Für eine spätere Zeit, vielleicht für den Sommer, ist die Einrichtung einer Kleinviehzucht in Aussicht genommen. Ferner wird ein Bienenstand eingerichtet. Sollten Kriegsblinde s. Z. des Unterrichtes nicht mehr bedürfen, so wird eine eigene Abteilung zur Unterweisung halbblinder Zivilpersonen in den bezeichneten landwirtschaftlichen Zweigen in Straß eingerichtet werden.
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