11.1.2006
17.1.1926
Man kann den wechselnden Launen der Mode bei ihren Schöpfungen wirklich nicht zugestehen, sie trügen der Witterung und Temperatur der jeweiligen Jahreszeit einigermaßen Rechnung. Ohne Rücksicht auf Konstitution und Wohlbefinden der Frauenwelt werden immerfort Neuheiten ausgeheckt und in Gebrauch genommen. Dieser charakteristische Zug der Mode, die Freude am Neuen, wenn auch noch so Unpraktischen, das wohl gerade deshalb um so reizvoller erscheinen mag, zeigt sich bei einem Kleidungsstück in letzter Zeit besonders deutlich. Es ist das die Kopfbedeckung - der moderne Hut.
So scheinen Sommer- und Winterhutmode ihren Termin gewechselt zu haben. Das Material des Sommerhutes bildeten Samt, Filz und Velours, Wärmespender erster Sorte, die bei strahlendem Sonnenschein jeder Frau höchst unplaciert erschienen wären, hätten sie nicht den Ruf der modernen Neuheit an sich getragen. Der Winterhut sah sich seiner hergebrachten Stoffe beraubt und nahm das Material, das für ihn übrig geblieben war - nämlich Seide. Die vorgeschriebene Modefarbe des Seidenhutes ist grau in allen Nuancierungen. Es zeigt für den Geschmack und das Können der Wiener Firmen, in wieviel reizvollen Variationen diese kleinen grauen Toques, Cloches oder Turbans fertiggestellt werden.
Den Hauptreiz dieser Modelle bildet das wunderbare Material. Für den Abendhut eignet sich besonders Silberlamé oder Brokat, in erster Linie dominieren weiche, glänzende Seidengewebe, Duchesse, Grosgrain, Filguranke, Charmeuse und so fort.
Die Formen sind allen Prophezeiungen entgegen klein geblieben, der große Hut wird voraussichtlich erst mit dem Ende des Bubikopfes, das ja mit der fortschreitenden Abkehr von der vermännlichten Frauenmode langsam heranrückt, seinen Einzug halten. Von vielen Modistinnen propagiert, findet die große Hutform nur selten Anklang, die Frau hat einer Fasson ihren besonderen Vorzug erteilt - dem Turban. Meist aus zweierlei Material, glänzender und weicher Seide, gewickelt, ist er gerade für den Abend von vornehmster Wirkung.
Besonders kostbare Modelle zeigen auch wieder Paradiesreihergestecke. Eine große Rolle kommt nach wie vor den kunstvollen Agraffen, Nadeln und Straßbändern zu, in gleichem Maße, als heuer Perlen- und Straßschmuck auf Kleidern bevorzugt wird. Der moderne Seidenhut bietet einen nicht zu verachtenden Vorteil, man kann ihn bis in den Frühling hinein als Uebergangshut tragen.
Th. Holzer
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