26.7.2005
24.7.1940
Von August an wird wieder Bier mit einem höheren Stammwürzegehalt gebraut - eine Nachricht, so schreibt "Das Reich", die das Herz aller erfreut, welche einen Abendschoppen zu schätzen wissen, eine Kunde, die aber darüber hinaus auch von allgemeinwirtschaftlicher, ja von politischer Bedeutung ist. Im Weltkrieg hatten wir zuletzt ein Bier mit einem Stammwürzegehalt von weniger als drei Prozent. Das war wirklich kein Genuß mehr, und das Argument vom Nährwert - die Süddeutschen sehen ja so gern im Bier die Zukost zum Brot, und mancher Bayer geht so weit, daß ihm die Bierqualität (und womöglich auch die Quantität!) genau so wichtig ist wie Güte und Menge des täglichen Brotes - wurde damit vollends hinfällig. Aber in diesem Krieg sind wir nicht so weit "heruntergekommen", sondern nur bis 6 bis 7 Prozent, und schon beginnt die Umkehr, schon geht es wieder hinauf auf 9 bis 10.3 Prozent, womit wieder ein Stand erreicht wird, der sich durchaus sehen lassen kann - auch unter den zünftigen Biertrinkern.
Nun spielt die Stammtischweisheit heute weiß Gott keine Rolle mehr, und das Renommee der Obrigkeit ist nicht davon abhängig, wie den Leuten am Biertisch zumute ist. Aber die Aufbesserung des Bieres ist trotzdem ein wirtschaftspolitisch begrüßenswertes Ereignis, weil nämlich vor aller Welt dargetan wird, daß unsere deutsche Getreideversorgung nicht nur keinen Anlaß zu irgendwelchen Sorgen gibt, sondern uns sogar bereits wieder einen gewissen Luxus gestattet: wir können mit der Gerste, die der Rohstoff der Mälzerei und der Brauerei ist, wieder freigiebiger umgehen. Das kommt auf dasselbe Konto wie das Viertelpfund Butter "extra" und die wieder reibungslose Zigarettenversorgung und anderes dergleichen mehr. Der Stammwürzegehalt des Bieres ist also eine Art kriegswirtschaftlicher Barometer, und wir freuen uns alle darüber, daß es auf Schönwetter zeigt. Auch die Nichtbiertrinker freuen sich, weil sie die symptomatische Bedeutung der Sache sehen. Aufs ganze gesehen ist es gewiß unwichtig, was für Bier wir trinken. Als das Bier dünner wurde, hat niemand gejammert. Nun es wieder besser wird, dürfen wir uns desto ehrlicher freuen. Und weiter: die Methode, nicht die Erzeugung zu drosseln - wie es nur vorübergehend geschehen ist - , sondern den Gehalt zu senken (und auch dies ist nur vorübergehend), diese Methode hat sich bewährt. Es ist niemand um sein wohlverdientes Glas Bier gekommen und ab August wird es nun auch mit der Qualität in Ordnung sein.
Wie bereits gemeldet, ist es den Brauereien wieder gestattet, Bier mit einem Stammwürzegehalt von 9 bis 10.3 Prozent herzustellen. Für dieses Bier treten dann diejenigen Ausschankpreise wieder in Kraft, die vor dem 19. Mai Gültigkeit hatten. Die vorgeschriebenen Bierpreisanschläge müssen daher bei Lieferung eines 9 oder 10.3-prozentigen Bieres sofort auf die Preise vor dem 19. Mai abgeändert werden.
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