17.8.2005
13.8.1910
An jedem Telephongespräch sind drei Nervenbündel beteiligt, vorausgesetzt, daß es richtig zustande kommt, der Rufer, die Telephonistin und der Angerufene. Je mehr sich der Begriff der Person bei diesen Dreien mit dem eines Nervenbündels deckt, desto unerfreulicher kann die Sache verlaufen.
Immerhin gebietet es die Gerechtigkeit, anzunehmen, daß die weiblichen Beamten auf dem Telephonamt, diesem ewigen Pufferstaat, noch am ehesten wegen Nervosität entschuldbar sind. Daran denken aber leider wenige Fernsprechabonnenten, die vielmehr auf ihr vermeintliches Recht pochen, stets aufs schnellste und genaueste bedient zu werden.
Jemand geht ans Telephon und hebt den Hörer ab. Meldet sich das Amt nicht sofort, so ärgert er sich und fängt vielleicht zunächst milde an zu schimpfen. Hat er seine Nummer angegeben und bekommt er wieder nicht sofort Antwort, so ärgert er sich zum zweiten Mal. Wird er aber gar mit einer falschen Nummer verbunden, so bekommt er einen Wutanfall. Es gibt natürlich auch Ausnahmen, aber die Ungeduld ist in höherem oder niederem Grade die Regel. Das ist vielleicht einfach menschlich und wäre auch nicht besonders tadelnswert, wenn die Folgen sich nicht immer gegen die Telephonistinnen richteten, deren Nerven dadurch zerrieben werden müssen und wahrhaftig auch etwas Rücksicht verlangen dürften.
Nichts ist mehr ansteckend als nervöse Erregung, und die Telephonistin hat eigentlich den ganzen Tag mit Leuten zu tun, die im Zustand mehr oder weniger großer Eile und Ungeduld sich befinden. An ihre Nerven werden also die größten Ansprüche gestellt, und niemand, der das Telephon häufig benützt, sollte vergessen, daß er durch die Wahrung der Selbstbeherrschung am Fernsprecher gewissermaßen eine Akt der Nächstenliebe ausübt.
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