22.2.2006
16.2.1921
Die in allen Ländern gleichsam als Reaktion nach dem familienzerstörenden Krieg eingetretene außerordentliche Heiratslust ist auch in Wien zu beobachten und findet ihren Ausdruck in den folgenden von der heutigen Rathauskorrespondenz veröffentlichten Ziffern der statistischen Abteilung des Wiener Magistrates:
Im Jahre 1913 sind in Wien 17.791 Eheschließungen erfolgt, im Jahre 1920 waren es 31.164.
Es sind also ungeachtet aller Wohnungsnot und der sonstigen überaus schwierigen Verhältnisse 13.273 Haushalte mehr gegründet worden als in Friedenszeiten.
Allerdings zumeist in jener einfachen Form, die heute üblich geworden ist, d. h. eben ohne eigene Wohnung, ohne den nötigen Hausrat und unter Verzicht auf die sonst als unerläßlich gegoltene Ausstattung an Wäsche, Geschirr usw. Eine prozentuell noch stärkere Zunahme ist bei den Zivilehen zu verzeichnen.
Im Jahre 1913 sind vor dem Magistrat als politischer Behörde 254 Trauungen vollzogen worden, was 1.42 Prozent aller Trauungen entspricht. Im abgelaufenen Jahre erfolgten 1805 Ziviltrauungen, was eine Steigerung auf 5.98 Prozent bedeutet, also mehr als die Vervierfachung darstellt. Diese Steigerung ist hauptsächlich auf die Sever-Ehen zurückzuführen und dürfte mit dem Unfug selbst sein Ende gefunden haben.
Beschreibung der "Sever-Ehe" auf Wikipedia.de:
Bis 1938 galt in Österreich - außer im Burgenland, welches zuvor Teil des Königreichs Ungarn gewesen war - für Katholiken die Unscheidbarkeit der Ehe. Auch durch einen späteren Kirchenaustritt wurde die einmal als unscheidbar eingegangene Ehe nicht scheidbar. Einige Verwaltungsbehörden (insbesondere in Niederösterreich und Wien) haben aber in den 1920er Jahren damit begonnen, in bestimmten Fällen eine Befreiung vom Eheverbot der bestehenden Ehe zu erteilen, wenn eine gerichtliche Trennung von Tisch und Bett (damals in Österreich "Scheidung" genannt, während die für Nichtkatholiken mögliche Scheidung damals "Ehetrennung" hieß) vorlag.
Meist wurden weitere Bedingungen gemacht, so z.B. dass keiner der Partner der neuen Ehe noch katholisch sein durfte. Die aufgrund dieser Befreiung geschlossenen Ehen wurden nach dem damaligen niederösterreichischen Landeshauptmann Albert Sever auch Sever-Ehen genannt. Die Rechtsgültigkeit dieser Ehen war umstritten, der Oberste Gerichtshof hielt sie für nichtig, der Verfassungsgerichtshof für gültig. Mit der Einführung der Zivilehe 1938 wurden noch nicht gerichtlich für nichtig erklärte Sever-Ehen für gültig und die früheren Ehen der Betroffenen für aufgelöst erklärt.
http://www.wikipedia.de/
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