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Gratulationsbild von Herbert Neulinger
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ARTIKEL:

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15.3.2006

Rieder Rundschau

Herbert Neulinger, 80. Geburtstag

Seinen 80. Geburtstag feierte Herbert Neulinger.
Gratulationsartikel: Rieder Rundschau, 15.3.2006

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15.3.1926

Wiener Morgenzeitung

Die Grippe.

Die rasch wechselnde Frühlingswitterung mit einigen warmen Tagen, denen stürmisches, regnerisches Wetter gefolgt war, hat wie immer um diese Jahreszeit eine Flut von Erkältungskrankheiten mit sich gebracht. Es ist die Jahreszeit, da alle Menschen verschnupft sind, husten und spucken. Der Aufenthalt in öffentlichen, geschlossenen Räumen wird vielen infolge der Unruhe der sich räuspernden Besucher zur Qual, da die meisten Menschen sich keinerlei Hemmungen aufzuerlegen gewillt sind und ihren lauten Aeußerungen ohne Rücksicht auf den Nebenmenschen freien Lauf lassen.

Und doch ist es sicher, daß ein kultivierter Mensch selbst den stärksten Nieß- und Hustenreiz in gewissem Sinne hemmen oder abschwächen kann, während ein anderer sich geradezu in derlei geräuschvollen Aeußerungen auszuleben versucht.

Diese Bemerkung sei nur nebenbei eingefügt, um zu zeigen, daß der Mensch durch seinen Willen auch Krankheitszustände zu beeinflussen vermag. Das ist eine alte Erfahrung, bedurfte aber scheinbar doch einer Auferweckung durch den französischen Apotheker Cone, der durch seine Methode der Willenstärkung und Selbsterziehung viele Krankheiten heilen kann.

Die Erkältungskrankheiten äußern sich vorwiegend in Katarrhen der oberen Luftwege. Derlei leichte Entzündungen der Atmungsorgane hat man früher immer bloß Nasen-, Rachen-, Luftröhren- oder Bronchialkatarrhe genannt, heute ist jeder solche katarrhalische Zustand gleich eine schwere Grippe und die gehäuften Krankheitsfälle, wie sie jedes Jahr um diese Zeit mit sich bringt, nennt man gleich eine Epidemie.

Aengstliche Gemüter geraten darob gleich in Schrecken und vermuten überall den vorläufig noch unentdeckten Influenza- oder Grippebazillus.

Sicherlich soll der Mensch sich nach Möglichkeit vor einer Erkrankung zu schützen versuchen, aber wir sehen oft, daß auch Menschen, die sehr wenig mit anderen in Berührung kommen, ergriffen werden. Nicht nur die eigentliche Grippe, sondern auch jeder Katarrh der Luftwege ist bereits infektiös, glücklicherweise ist aber der Krankheitsverlauf aller wenigstens in Wien derzeit beobachteter Fälle ein sehr gutartiger, gleichgültig ob man die Krankheit als echte Grippe oder bloß als Katarrhe der Atmungsorgane auffaßt.

Bei einfachem Katarrh bestehen Husten und Auswurf, der anfänglich zäh ist, später sich aber allmählich lockert. Temperatursteigerung ist meist nicht sehr hoch, dagegen klagt der Kranke stets über ein wundes Gefühl im Innern der Brust und ist meist durch die pfeifenden Geräusche beunruhigt, die frühmorgens nach der nächtlichen Sekretstauung am stärksten zu hören sind.

Bei der Grippe bestehen wohl auch die geschilderten bronchitischen Erscheinungen, aber der Kranke zeigt meist ein viel schwereres Krankheitsbild. Auffallend ist die Mattigkeit des Kranken und die Klage über Schmerzhaftigkeit des ganzen Körpers, besonders im Kreuz, in den Armen und Beinen. Diesen oft mit Schnupfen vorausgehenden Zeichen schließt sich plötzlich hohes Fieber an, von dem man Temperaturen bis 40 und 41 Grad sieht.

In den meisten Fällen klingen diese Erscheinungen in zwei bis drei Tagen ab, wobei insbesondere ein Reizhusten noch einige Zeit belästigen kann. Der Arzt kann auf dem Höhepunkt der Krankheit oft keinerlei objektive Zeichen, die etwa auf eine Herderkrankung hinweisen, konstatieren. Er findet neben Fieber Rötung des Rachens, der Bindehäute und leichten Luftröhrenkatarrh.

Bei schwächlichen und älteren Individuen ist immerhin Vorsicht angezeigt, da die Ursache der allgemeinen Niedergeschlagenheit in einer Art Herzschwäche zu suchen ist, die auf das Toxin (Gift) der Infektionskrankheit zurückzuführen ist. Bei empfänglichen Personen stellt sich eine Lungenentzündung ein, die rasch vorübergeht oder auch einen chronischen Verlauf nimmt. In vielen Fällen tritt die Grippe in Form von Magen- und Darmstörungen auf oder es überwiegen Erscheinungen des Nervensystems, die an Typhus oder Kopfgrippe erinnern.

Obgleich die in Wien derzeit beobachteten Fälle gutartiger Natur sind, wird es sich doch mit Rücksicht auf die Meldung von schwereren Formen aus der Linzer Umgebung - bekanntlich folgen die Infektionskrankheiten den Verkehrswegen - empfehlen, schon bei leichtem Unwohlsein öffentliche Lokale mit Massenbesuch zu meiden, bei erhöhter Temperatur und leichten Katarrhen frühzeitig das Bett aufzusuchen.

Die beste Behandlung bleibt noch die forcierte Wärmezufuhr. Man trinke warme Getränke, Lindenblütentee, heiße Milch mit Gleichenbergerwasser und schwitze ausgiebig. Gut bewähren sich Inhalationsmittel und schleimlösende Medikamente, deren Verordnung man aber lieber dem Arzt überlassen soll. Trotz der derzeitigen Notwendigkeit von Ersparungen soll man derlei Maßnahmen tunlichst nicht auf den Arzt in erster Linie anwenden, wie es die Menschen meist tun, sondern lasse sich durch den Besuch eines Arztes über den vorliegenden Krankheitszustand aufklären.

Die ärztliche Autorität vermag für den Patienten und dessen Umgebung eine ruhige Atmosphäre zu schaffen, die wohltuend wirkt.

Historischer Zeitungsartikel: Wiener Morgenzeitung, 15.3.1926

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