22.3.2006
28.3.1926
Es ist erstaunlich, wie schnell und wie durchgreifend die Glocke, die vor noch gar nicht so langer Zeit so gewichtigen und kategorischen Einzug bei den Schneidern und in dem Geschmack der Frauen hielt, nun ihrerseits wieder verdrängt wird. Die Falte in allen Formen, vor allem aber Plissees in unendlichen Variationen wiederholen sich wie ein Kehrreim an jedem der hübschen frühlingshaften Kleider, die in diesem Jahre in allen zarten hellen Tönen gleichzeitig mit dem ersten Grün Folgeerscheinungen der Frühjahrssonne sein werden.
Zugleich mit ihrer wachsenden Bedeutung hat die Falte ihre Funktionen erweitert. Sie dient nicht bloß mehr zur Erweiterung des Rockes, sie ist heute in hohem Maße Garnitur geworden, ein Mittel zur Belebung großer Flächen. Man ist deshalb auch mit der einfachen Falte nicht mehr zufrieden und wenn sie noch so eng und zierlich plissiert ist.
Das Musterplissee ist die große Mode. Man sollte nicht denken, auf wieviel verschiedene Weisen man Falten plissieren kann. Die verschiedensten Effekte lassen sich schon dadurch erreichen, daß man ganz schmale Falten sich nach unten zu breiten Quetschfalten entwickeln läßt, oder aus einer breiten Falte oben macht man nach dem Saum zu drei kleine Fältchen, wobei man wiederum die Uebergangslinie von schmaler zu breiter Falte gerade, dem Rocksaum parallel oder in Zickzacklinie verlaufen lassen kann, so daß im letzteren Falle das Ganze wie eine in Zacken angesetzte Faltenbordüre wirkt.
Noch häufiger aber sind Muster, die durch wechselseitiges Umkippen der Falten entstehen, zum Beispiel Waffelmuster, Plissees, die wie Strohgeflecht aussehen, oder solche, die in regelmäßigen Zacken gebrannt und Blitz-Plissees genannt werden. Bei diesen Mustern kann man nun wieder die Stelle des Rockes, wo der Musterstreifen sitzen soll, variieren.
Man kann den Rock unter dem Jumper gleich mit dem Musterstreifen beginnen lassen oder diesen in die Mitte der Fläche legen und ihn oben und unten mit glatten Faltenstreifen begrenzen. Sehr hübsch sieht bei der neuen blusigen Form, die sich bei den leichten Sommerstoffen wohl allgemein durchsetzen dürfte, ein breiter, hoch ansetzender Musterplisseestreifen aus, der auf den Hüften mit einem Schleifengürtel blusig zusammengehalten wird.
Eine andere Flächeneinteilung wird gern für gemusterte Stoffe genommen. Man verändert am Rock das Muster dadurch, daß man immer ein glattes Stück mit einer Faltengruppe abwechseln läßt. Bei einfachen, gleichmäßig gelegten Faltenröcken erzielt man neue Linien durch passenartige Stepperei, die man vom Gürtel abwärts auf jeder Falte, entweder alle in gleicher oder in verschiedener Länge, so daß die Endpunkte eine Schräge oder Zacken bilden, ausführt.
Zur Verstärkung der Wirkung führt man die Stepperei am Jumper, vielleicht oberhalb einer abschließenden Bordüre, ebenfalls aus und täuscht so ein amüsantes Durchlaufen der Falten nach oben vor.
Ullstein-Schnittmuster zu obigen Modellen und zu weiteren 2000 Modellen: 1. Bezirk, Rosenbursenstraße 8, 6. Bezirk, Mariahilferstraße 31.
Illustrierte Modelle, von links nach rechts:
WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE.
Ein DER LICHTBLICK Projekt.