Der Stadtschulrat für Wien hat unter dem 1. d an die ihm unterstehenden Volks-, Bürger- und Sonderschulen folgenden Erlaß (I-1386) über die sexuelle Aufklärung in der Schule gerichtet:
"Aus Anlaß eines bestimmten Falles macht der Stadtschulrat auf die Schwierigkeit und Unzulässigkeit der 'sexuellen Aufklärung' im Klassenunterricht aufmerksam. Die sogenannte Aufklärung ist nur ein Teil, wenn auch ein unentbehrlicher, der sexuellen Erziehung. Mit der Gesamterziehung innig verflochten, ist sie eine erzieherische Aufgabe, deren Durchführung viele Jahre erfordert und der Wesensart und der Entwicklung des einzelnen Kindes angepaßt werden muß.
Schon darum ist ein solcher Versuch mit einer ganzen Klasse in der Schule als unsachgemäß abzulehnen und dies um so mehr, als ja die Meinung der Elternschaft in dieser Frage durchaus nicht einheitlich ist. Die Bemühungen der in der Frage der sexuellen Erziehung klar sehenden Lehrer und Lehrerinnen sind vielmehr in die Elternvereine zu verlegen, wo die Ueberzeugung geweckt werden kann, daß die erschreckende Durchseuchung unseres Volkes mit Geschlechtskrankheiten und der Tiefstand einer Geschlechtsmoral nur mit einer neuen Erziehung ohne Verlogenheit in diesen Dingen bekämpft werden kann."
Warum nur in "diesen Dingen" ein Verzicht auf die Verlogenheit? Es würde sich empfehlen, in dem ganzen Erziehungs- und Schulwesen mit der Verlogenheit aufzuräumen, mit der es das revolutionäre Phrasentum eines experimentierenden Dilettantismus verdorben hat.
Immerhin begrüßen und anerkennen wir es als einen Fortschritt, daß wenigstens "in diesen Dingen", also in der Frage der klassenweisen "sexuellen Aufklärung" in der Schule, die Vernunft über eine der tollsten Forderungen der revolutionären Weltverbesserer nunmehr im Wiener Stadtschulrat den Sieg davongetragen hat.
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