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Wer ohne Vergangenheit lebt, hat seine Seele verloren

Gedenkjahre haben ihr Gutes. Sie zerren ans Licht der Öffentlichkeit, beleuchten, zeigen auf, machen bewusst, richten noch einmal den Scheinwerfer auf Gewesenes. Gedenkjahre haben ihr Schlechtes: Sie machen bewusst, reißen auf, schmerzen, sind unangenehm. Sie können auch langweilen, nerven und zu Ende gehen.

Und oft genug weiß am Ende niemand mehr, wessen, woran da wirklich "gedacht" wurde. Bei der Frage nach "Wie war es denn bei euch in den letzten Kriegsjahren, Nachkriegsjahren bis zum Staatsvertrag?" flammten plötzlich Erinnerungen auf, Erinnerungen an ein Leben, das unser Leben beeinflusst, geprägt, gezeichnet hat. Ohne die Erinnerungen wären wir heute nicht was wir sind, wären seelenlose Wesen auf einer Galaxie.

Wir sind nicht mit der Pflicht angetreten unsere Erinnerungen als moralisches Lehrgut für die Generationen nach uns über die Ladentische der Zukunft zu drängen. So schön sind die Bilder nicht und der erhobene Zeigefinger hat selten Gutes bewirkt. Es sind die Fragmente unserer Lebensgeschichten, die zeigen woher wir kommen, was uns geängstigt, gefreut, was uns beeinflusst hat. Nichts wäre schlimmer als zu sagen, "ihr, die ihr nach uns geboren seid, habt es leichter". Weil Kriege heute genauso stattfinden, andere Gesichter tragen und andere Wunden schlagen.

Unsere Erinnerungen sollen Mut machen, den Mut daran zu glauben dass es sich lohnt, für Demokratie und Freiheit zu kämpfen. Und zeigen, was es bedeutet in einem totalitären System unter dem Damoklesschwert von angedrohten Repressalien zu leben. Wenige von uns waren alt genug um erkennen zu können was rundherum geschieht. Bomben, alltäglicher Kampf um Essen und Wohnung und die Ängste unserer Eltern haben uns den Blick auf größere Zusammenhänge verstellt. Danach hat sich der fast undurchdringliche Mantel des Schweigens über diese Jahre gelegt. Erst heute, in der Rückschau, können wir sehen was uns auf den Weg mitgegeben wurde.

Wir widmen unsere Texte allen Generationen. Für manche sind sie ein Blick in die eigene Vergangenheit, für andere eine Zeitreise in eine fremde Welt. Für uns sind sie Blitzlichter unseres Lebens und oft genug der ausschlaggebende Grund heute gesellschafts-politisch aktiv zu sein, als Grüne SeniorInnen in der Grünen Politik und als Menschen die wissen, was ein Leben ohne diesen Staatsvertrag - Grundlage unserer demokratischen Republik - bedeutet.

Birgit Meinhard-Schiebel
Vorsitzende der Initiative Grüne SeniorInnen

http://www.seniorinnen.gruene.at/

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