Die heutige "Wiener Zeitung" veröffentlicht unter dem Titel "Wahlen in Freiheit - Freiheit der Wahl" einen Beitrag des Bundespräsidenten Körner. Der Bundespräsident verweist darin, daß das österreichische Volk nun zum erstenmal ein Parlament wählen wird, dessen Beschlüsse nicht mehr dem Einspruch ausländischer Instanzen unterliegen werden.
Die Freiheit der Entscheidung, die der Wähler habe, bringe ihm auch erhöhte Verantwortung. Am Tag der Wahl, sagt der Bundespräsident wörtlich, trägt jeder einzelne Wähler einen Teil dieser großen und zugleich ehrenvollen Verantwortung. Er entledigt sich ihrer, indem er nach bestem Wissen und Gewissen seine Stimme jener Partei gibt, in deren Händen er das Wohl des Volkes am besten aufgehoben glaubt.
Die Freiheit, sich für eine von verschiedenen politischen Richtungen zu entscheiden, setzt Bundespräsident Körner fort, entspricht unserer Auffassung der Demokratie. Die Meinungsfreiheit ist ein kostbares, aber nicht selbstverständliches Gut, dessen Wert die leidgeprüften Österreicher am besten einzuschätzen wissen.
Der Bundespräsident stellt dann fest, daß der jedem einzelnen fühlbare Aufstieg aus bitterster Not zu relativem Wohlstand ein Werk der friedlichen Zusammenarbeit aller aufbauenden Kräfte Österreichs gewesen ist und mahnt zu weiterer Zusammenarbeit. Lebendige Demokratie verlangt, erklärt er, daß Meinung gegen Meinung gestellt wird, dabei darf aber nie vergessen werden, daß man zum Wohl aller zuliebe zusammenwirken muß.
Es darf in Österreich, schließt er, nie mehr versucht werden, mit einer Hälfte des Volkes gegen die andere zu regieren.
Niemand soll vergessen, daß der politische Gegner nur dann ein wirklicher Feind ist, wenn er ein anderes Ziel hat als das Wohl Österreichs.
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