Während in den Straßen Wiens mit Ausnahme der geschlossenen Bäckerladen wenig zu sehen ist, hat sich das Straßenbild in den Ortschaften in der Umgebung Wiens seit heute völlig geändert. Die Hausfrauen, die heute den Bäckerstreik schon radikal zu spüren bekamen, haben auswärts eine Einkaufsquelle gesucht und es entwickelte sich auf den Straßenzügen, die von Wien nach auswärts führen, ein ungewöhnlich starker Verkehr.
Den größten Ansturm hatten wohl, da sie am bequemsten zu erreichen sind, die Gemeinden an der Straßenbahnlinie Mauer-Mödling auszuhalten. Schon zeitlich früh, zu einer Zeit, wo die Straßenbahnzüge gewöhnlich schwach besetzt sind, entwickelte sich auf dieser Linie ein lebhafter Verkehr, der später immer stärker wurde und den ganzen Tag in diesem Maße anhielt.
Die Passagiere waren vorwiegend Frauen mit Einkaufstaschen oder kleinen Koffern, teilweise auch mit Rucksäcken. In Mauer gab es für sie zumeist eine große Enttäuschung. Bei einem Bäcker am Hauptplatz waren die Leute schon vom frühen Morgen an angestellt und warteten auf die Brotausgabe. Die Ortsfremden, die später kamen, gingen größtenteils leer aus und so war es auch bei den anderen Bäckereien, obwohl sie alle Tag und Nacht arbeiten.
Es ist natürlich, daß die Bäckermeister trachten, in erster Linie die heimischen Kundschaften zu befriedigen und mit dem Verkauf an die Fremden zurückhalten. Nichtsdestoweniger ist, wie uns berichtet wird, in vereinzelten Fällen auch für ortsansässige Verbraucher das Brot schon ziemlich knapp geworden, zumal die Wiener Ausflügler ihr Glück nicht nur bei den Bäckern, sondern im Falle des Fehlschlages auch in Gaststätten und anderen Lebensmittelgeschäften versuchen.
So erleben tausende Wiener Hausfrauen die zweite verkleinerte Auflage der Kriegszeit. Aber die Bäcker in der weiten Umgebung von Wien haben jetzt gute Tage. Sie backen, was sie backen können.
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